Übergang in die Arbeitswelt - ein Bildungsangebot für benachteiligte Schüler/innen

Ansprechpartner:

Herr Heindrihof

Institution:

Gesamtschule Waltrop

  • Brockenscheidter Straße 100
    45731 Waltrop

Beschreibung und Ziele:

Für den Übergang von der Schule in die Arbeitswelt bietet die Gesamtschule Waltrop seit diesem Schuljahr ein besonderes Unterstützungsprojekt für Schüler/innen des 9. Jahrgangs an, die ohne besondere Unterstützung kaum eine Chance haben, einen Hauptschulabschluss nach Klasse 9 zu erreichen und einen Ausbildungsplatz zu finden. Ihr Übergang in das Berufsleben ist gefährdet. Um dem vorzubeugen, fassen wir diese Schüler/innen in einer Klasse zusammen. Sie erhalten an drei Schultagen Unterricht mit besonderem Förderanspruch und intensiver Vorbereitung auf das Arbeitsleben. An zwei Tagen der Woche arbeiten sie in einem Betrieb und werden begleitet und beraten von ihrem Klassenlehrer. Der Klassenlehrer erteilt den meisten Unterricht in dieser Klasse. Mit Hilfe individueller Fördermaterialien und -methoden versucht er, die Schüler/innen auch wieder für schulisches Lernen zu gewinnen und ihnen eine grundlegende Bildung anzubieten. Auch gestaltet er einen eigenen Klassenraum speziell für und mit diesen Schüler/innen, der möglichst viele Fördermaterialien für ein eher anschauliches und tätiges Lernen anbietet, vielfältige Wandplakate mit Arbeitsaufträgen zur Verfügung stellt und Arbeitsergebnisse sammelt und veröffentlicht. Auch sollen die Schüler/innen lernen, den Computer und das Internet für ein wissensorientiertes, elementares Recherchieren und für ein Dokumentieren ihrer Lernergebnisse entsprechend ihrem Berufsfeld zu nutzen. Im Vorfeld stellte der Klassenlehrer Kontakte zu Firmen in Waltrop und Umgebung her, die bereit sind, sich in besonderer Weise um seine Schüler/innen zu kümmern und ihnen bei Bewährung evtl. einen Ausbildungsvertrag anzubieten. Er besucht die Schüler/innen an einem Tag pro Woche an ihrem Arbeitsplatz und kommuniziert mit ihnen und den jeweiligen Arbeitgebern. Er unterstützt die Schüler/innen bei Schwierigkeiten und macht regelmäßige Hausbesuche, um auch den Eltern positiv in diese Maßnahme miteinzubeziehen.

Die Schüler/innen lernen, in der Ernstsituation eines Langzeitpraktikums für ein Jahr an zwei Tagen pro Woche ihre Fähigkeiten für eine Ausbildung zu entwickeln und insbesondere ihre Umgangsweisen in kooperativen Arbeitsprozessen zu stärken. Die Schüler/innen lernen, wieder Interesse und Verantwortung für ihr schulisches Lernen zu entwickeln. Durch die enge Anbindung an ihr Berufsfeld erfahren sie die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit schulischer Lernangebote. Die Schüler/innen lernen, sich Ziele zu setzen und die einzelnen Schritte für die Zielerreichung erfolgreich anzugehen. Insbesondere entwickeln sie Anstrengungsbereitschaft für schulisches Lernen, um den Hauptschulabschluss nachzuholen.

Wie wurden die Kinder in das Projekt eingebunden?

Mit Hilfe einer Potenzialanalyse erkennen die Schüler/innen ihre Stärken und Schwächen und interessieren sich für ein Berufsfeld, zu dem sie passend einen Praktikumsbetrieb aussuchen. Die Schüler/innen sind aufgefordert, ihr angestrebtes Ziel in Teilschritte zu zerlegen, die entsprechenden Fähigkeiten zu entwickeln und Engagement und Verantwortung für ihr Lernen zu übernehmen. Mit Hilfe des Klassenlehrers nehmen sie an einem Beratungs- bzw. Coachingprozess teil. Sie sind gefordert, von ihrem Lernfeld aus Fragen an den entsprechenden Unterricht in Mathematik, Deutsch, Naturwissenschaften usw. zu stellen und Lernangebote passend zu ihren Fragen auszuwählen und bearbeiten. Die Schüler/innen reflektieren ihre kooperativen Erfahrungen im Arbeitsprozess, kommunizieren mit ihren Vorgesetzen und legen Rechenschaft von ihren Lernprozessen und Erfolgen ab.

Rückblick:

Dokumentation des Projekts
"Übergang in die Arbeitswelt - ein Bildungsangebot für benachteiligte Schüler/innen"

13 Schüler/innen des 9. Jahrgangs nahmen an diesem Projekt teil. In einer Einführungsphase gestalteten die Schüler/innen zunächst ihren Klassenraum. Der Klassenraum wurde gestrichen, Informationstafeln installiert, Regale zusammengebaut usw. Schon in dieser Phase übernahmen die Schüler/innen Verantwortung für ihre Lernumgebung. Sie mussten im Team arbeiten, zuverlässig ihre Arbeiten durchführen und konnten ein erstes positives Erlebnis zur eigenen Selbstwirksamkeit erfahren. Gerade für schulmüde Schüler/innen mit schulischen Misserfolgserfahrungen und nur geringer Unterstützung seitens ihrer Familie stellen Selbstwirksamkeitserfahrungen eine Möglichkeit dar, einen Neuanfang für schulisches und außerschulisches Lernen zu beginnen.
Nach intensiven einzelnen Beratungen durch den Klassenlehrer arbeiteten die Schüler/innen an zwei Tagen pro Woche in ihrem Praktikumsbetrieb, an den drei weiteren Tagen wurde ihnen ein praxisnahes individuelles Unterrichtsangebot ermöglicht. Aufgrund der Praktikumserfahrungen artikulierten sie Fragen, die sich auf unterschiedliche Fächer mathematische Berechnungen, naturwissenschaftlich-technische Aspekte, wirtschaftliche Abläufe und Organisationen in einem Betrieb, Anforderungen im Bereich Lesen usw. bezogen und zum Ausgangspunkt für schulisches Lernen werden konnten. Der selbst gestaltete Klassenraum bot dazu vielfältige Unterrichtsmaterialien, die über das bloße Schulbuch hinaus Hilfen und Lernaufgaben bereitstellten. Die andere Qualität schulischen Lernens in dieser Klasse trug entscheidend dazu bei, die Schüler/innen wieder an fachliches Lernen heranzuführen und ihre Motivation zu wecken.
Auch zeigte sich, dass diese Schüler/innen häufig über kein Material Mappen, Stifte, Taschenrechner usw. verfügten. Mit Hilfe der zur Verfügung gestellten Materialien konnte ihnen die Notwendigkeit einer Ordnung für das eigene Lernen einsichtig werden.
Der Erfolg des Projekts basierte auf dem besonderen Engagement der beiden Klassenlehrer. Sie besorgten nicht nur individuell passende Praktikumsplätze und pflegten den intensiven Kontakt zu den jeweiligen Firmenmitarbeitern, sie vermittelten auch bei Schwierigkeiten der Schüler/innen, indem sie regelmäßig Hausbesuche durchführten und die Eltern zur Unterstützung ihrer Kinder gewinnen konnten.

Ein Schüler verließ das Projekt und wechselte im 2. Halbjahr in eine Regelklasse der Schule. Am Ende des Schuljahres erreichten 10 Schüler/innen den Hauptschulabschluss nach Klasse 9. Sieben Schüler/innen haben einen Ausbildungsvertrag bzw. einen Arbeitsvertrag unterschrieben. Ein Schüler wechselt zum Berufskolleg. Drei Schüler bleiben z.Z. in der Betreuung durch das Arbeitsamt mit konkreten Perspektiven für eine Vermittlung. Zwei Schüler/innen waren auch durch das Projekt nicht zu erreichen. Z.T. zeigten sie besondere psychische Probleme und nehmen eine psychiatrische Betreuung wahr. Bei Hausbesuchen zeigten sich den Klassenlehrer schwierige familiäre Konstellationen, die keinerlei Unterstützung für die Jugendlichen erkennen ließen. Die Haltung der Eltern war auch durch das Engagement der Klassenlehrer nicht zu ändern.
In der Abschlussbesprechung am Ende des Schuljahres bedankten sich die Schüler/innen bei ihren Lehrern und äußerten, dass für sie der Einsatz der Lehrer und die Anerkennung im Betrieb besonders hilfreich waren, um für sich eine neue Lebensperspektive zu entwickeln. Es ist der Gesamtschule mit diesem Projekt gelungen, ein qualitativ anderes als der Regelunterricht, individuell auf die Jugendlichen zugeschnittenes schulisches Angebot anzubieten und ein Netzwerk von Firmen in Verbindung mit dem Jugendamt und der Bundesagentur für Arbeit aufzubauen. Die finanzielle Unterstützung durch Gelsenwasser machte es möglich, die schulischen Lernumgebungen entsprechend zu gestalten und abzusichern.
Das Projekt wird im kommenden Schuljahr fortgesetzt.