"Benimm ist in"

Ansprechpartner:

Frau Feistel-Jacobs

Institution:

GHS Kaarst-Buettgen

  • Hubertusstr.22
    41564 Kaarst

Beschreibung und Ziele:

Unsere Schule verfügt über umfangreiche Angebote im Bereich der Berufsorientierung und wurde bereits zum 3. Mal mit dem Berufswahl -SIEGEL des Rhein-Kreises Neuss ausgezeichnet. Schüler und Schülerinnen werden bereits ab der Jahrgangsstufe 7 an berufliche Bereiche herangeführt, bis sie den Übergang von Schule in den Beruf nach ihrem Schulabschluss bewältigen müssen. Immer deutlicher lässt sich erkennen, dass den Schülern/-innen wichtige Schlüsselkompetenzen hinsichtlich gesellschaftlicher "Benimm-Regeln" nicht vertraut sind bzw.ihnen ganz fehlen. Dies hat insbesondere in Bewerbungssituationen weitreichende Konsequenzen. Hier soll das Projekt " Benimm ist in" mit der methodischen Ausrichtung auf die Vermittlung von Kernkompetenzen, die oftmals nicht mehr in der Familie vermittelt werden, aber auch durch die konkrete Vorbereitung auf Bewerbungssituationen, helfen. Zielgruppe: Schüler und Schülerinnen der Jahrgangsstufe 10 Teilnehmeranzahl: pro Gruppe max. 10 insgesamt 4 Gruppen Dauer: pro Gruppe 3 Termine zu jeweils 3x60 Minuten ingesamt 36 Stunden Methode: Umgangsformen, Höflichkeit und Gepflegtheit, Haltung Übung zur verbalen und non-verbalen Kommunikation Passende Kleidung zu verschiedenen Anlässen Video-Aufzeichnung einer Bewerbungssituation im Hinblick auf die non-verbale Kommunikation Sprechtempo und angemessene Lautstärke,versteckte Botschaften Verhalten am Telefon

Ziel des Projektes ist es durch das spezielle Training der Sozialkompetenzen, durch die Erweiterung des Verhaltensrepertoires und der Reflektion der eigenen Körperssprache die Chancen der Schüler/-innen auf dem Ausbildungsmarkt zu erhöhen. Die Trainerin arbeitet eng mit dem Team der Berufsorientierung unserer Schule zusammen. Ergebnisse werden ausgewertet und in anschließenden Unterrichtseinheiten reflektiert. Anwendungsmöglichkeiten der erworbenen Fähigkeiten bieten der "Bewerbertag" Kontakt mit der kommunalen Wirtschaft in fiktiven Bewerbergesprächen und der "Berufsinfotag" Vertreter von weiterführenden Schulen und Ausbildungsleitern. Das Seminar soll fester Bestandteil unseres Berufsorientierungsangebotes werden.

Wie wurden die Kinder in das Projekt eingebunden?

Die Schüler/-innen werden vorher im Unterricht auf das Seminar vorbereitet. Die einzelnen Module wie Selbstpräsentation, Kommunikation und Umgangsformen im Beruf , fordern die aktive Teilnahme. Abschließend wird das Seminar durch die Schüler/-innen bewertet und einzelne Bestandteile werden in den folgenden Unterricht mit einfließen.

Rückblick:

"Benimm ist in - Umgangsformen im Beruf"
eine Veranstaltungsreihe an der Gemeinschaftshauptschule Kaarst-Büttgen
im Schuljahr 2013/14
Der Kurs in der Jahrgangsstufe 10 fand in drei Blöcken über das Schuljahr 2014/15 verteilt
statt. An jedem Block nahmen insgesamt 4 Schülergruppen bestehend aus jeweils einer
halben Klasse ca. 10 Schüler teil. Alle Veranstaltungen wurden von mir als externer
Dozentin im Berufsorientierungsraum durchgeführt. Dieser ist wie ein Seminarraum mit
einer Tischgruppe und Flipchart sowie einer Couchecke ausgestattet. Die Dauer der
Veranstaltungen betrug 4 Unterrichtsstunden.
Die inhaltlichen Schwerpunkt der drei Kursblöcke waren:
1. Selbstpräsentation
2. Kommunikation
3. Umgangsformen im Beruf
Die einzelnen Veranstaltungsblöcke waren im Vorfeld wie folgt geplant:
Tag 1: Selbstpräsentation
08:00 - 08:20 Uhr Vorstellung der Teilnehmer berufliche Pläne der Teilnehmer,
insbesondere nach dem vor den Ferien absolvierten Praktikum
Standortbestimmung
08:20 - 08:35 Uhr Vorbereitung einer Selbstpräsentation Einzelarbeit
08:35 - 09:25 Uhr Die Teilnehmer stellen sich der Gruppe vor Video
09:35 - 09:50 Uhr Pause
09:50 - 10:30 Uhr Videofeedback zur Selbstpräsentation: Wie wirke ich auf andere?
10:30 - 10:45 Uhr Körpersprache Vortrag, Übung
10:45 - 11:00 Uhr Das Vorstellungsgespräch beim Bewerbertag Ablaufplan
Tag 2: Kommunikation
08:00 - 08:20 Uhr Begrüßung der Teilnehmer, Feedback zum Bewerbertag,
Standortbestimmung
08:20 - 08:45 Uhr Selbstpräsentation am Telefon Vortrag, Übung
08:45 - 09:00 Uhr Vorbereitung einer Selbstpräsentation am Telefon am Beispiel der
Suche nach einem Praktikumsplatz Einzelarbeit
09:00 - 09:35 Uhr Rollenspiel: Praktikum ggf. Video, direktes Feedback
09:35 - 09:50 Uhr Pause
09:50 - 10:05 Uhr Rollenspiel: Praktikum ggf. Video, direktes Feedback
10:05 - 10:25 Uhr Kommunikation per Email / Brief Vortrag, Stichwortsammlung
10:25 - 10:40 Uhr Selbstpräsentation: Wer bin ich? Was möchte ich? Warum? Übung
10:40 - 11:00 Uhr Manchmal muss man "Nein!" sagen: Grenzen setzen und trotzdem
höflich bleiben Vortrag, Übung
Tag 3: Umgangsformen im Beruf
08:00 - 08:15 Uhr Begrüßung der Teilnehmer, Standortbestimmung
08:15 - 08:30 Uhr Einführung in das Thema "Umgangsformen im Beruf": Erfahrungen der
Teilnehmer mit Umgangsformen im Praktikumsbetrieb
Gruppengespräch
08:30 - 09:00 Uhr Was unterscheidet gute von schlechten Umgangsformen? Wie kann
ich einordnen, was "richtig" und was "falsch" ist? Gibt es so etwas wie
eine allgemeingültige, übergeordnete Benimmregel? Diskussion,
Stichwortsammlung, Begriffsklärung
09:00 - 09:20 Uhr Welches Verhalten und welche Umgangsformen sind in
verschiedenen Berufen/Branchen/Unternehmen besonders wichtig?
Kleingruppenarbeit dabei Einteilung nach Berufsgruppen
09:20 - 09:35 Uhr Ergebnisse der Gruppenarbeit Metaplan
09:35 - 09:50 Uhr Pause
09.50 - 10.15 Uhr Analyse von Anforderungsprofilen: Wie soll mein Azubi sein? Wir
erschaffen den idealen Bewerber/Azubi für verschiedene Arbeitgeber
Kleingruppenarbeit dabei Einteilung nach Berufsgruppen
10:15 - 10:45 Uhr Abschließende Selbstanalyse: Wo liegen meine Stärken, worin bin ich
gut? In welchen Bereichen muss ich noch an mir arbeiten? Einzel-
/Partnerarbeit
10:45 - 11:00 Uhr Schlussrunde und Feedback
Die Reihenfolge der Themen wurde gewählt, um den Schülern Hilfestellung insbesondere
beim Besuch von Berufsmessen und der Suche nach einem Ausbildungsplatz geben.
Im Folgenden liste ich die Ergebnisse der einzelnen Themenblöcke auf:
Block 1 - Selbstpräsentation
Vorbemerkung:
Der Block "Selbstpräsentation" sollte die Schüler insbesondere auf den Bewerbertag des
Projektes "Wirtschaft pro Schule" des Rhein-Kreis Neuss in Kooperation mit der AOK
Neuss vorbereiten. Bei dieser Veranstaltung werden Bewerbungsgespräche simuliert.
Konkret bedeutet dies, der Teilnehmer muss sich im Vorfeld zur Veranstaltung anmelden.
Im Anschluss erhält er eine schriftliche Einladung zum Gespräch mit einem Vertreter
meist einem Ausbilder der am Bewerbertag teilnehmenden Firmen. Zum
Gesprächstermin am Bewerbertag kann der Schüler dann am vorgetäuschten
Bewerbungsgespräch teilnehmen. Sofort nach diesem Gespräch erhält er von seinem
Gesprächspartner eine Rückmeldung zu seinen Unterlagen und seinem Auftreten.
Nähere Informationen zum Bewerbertag sind hier zu finden:
• https://www.rhein-kreis-neuss.de/de/buergerservice/presse/2013/748-bewerbertag-vonwirtschaft-
pro-schule.html
• http://www.klartext-ne.de/2013/11/22/neuss-wirtschaft-pro-schule-vierter-bewerbertagfuer-
jugendliche/
Leider stellte sich bei der ersten Veranstaltung heraus, dass sich kein Schüler für den
Bewerbertag angemeldet hatte. Das Kollegium hatte die entsprechende
Veranstaltungsinformation an die Schüler weitergegeben, aber keine Rückmeldungen
erhalten. Gründe für die fehlenden Anmeldungen sehe ich unter anderem in der
Freiwilligkeit der Teilnahme sowie dem Umstand, dass der Bewerbertag an einem
Samstag, also außerhalb des Unterrichts stattfindet.
Die Veranstaltungen im Block "Selbstpräsentation" bezogen sich daher nicht konkret auf
den Bewerbertag, sondern allgemein auf Berufsmessen und Bewerbungsgespräche. Der
Punkt "Das Vorstellungsgespräch beim Bewerbertag" entfiel, statt dessen wurden die
Punkte Videofeedback und Körpersprache ausführlicher behandelt.
Die Klassenlehrer waren bei der Begrüßung anwesend, verließen aber danach den Raum.
Die Schüler erhielten die Aufgabe, eine Vorstellung ihrer Person zu erarbeiten.
Anschließend wurden sie aufgefordert, sich vor der Gruppe stehend vorzustellen und
etwas über sich zu erzählen. Diese Selbstpräsentation wurde gefilmt und später, nach der
Behandlung des Themas "Körpersprache", mit den Schülern gemeinsam angesehen und
analysiert.
Fast alle Schüler kostete es große Überwindung, vor der Gruppe zu stehen und sich
filmen zu lassen. Um den Schülern die Situation zu erleichtern, sicherte ich ihnen zu, die
Aufnahmen sofort nach dem Videofeedback in ihrem Dasein zu löschen. Aus diesem
Grund kann ich an dieser Stelle keine Beispiele zeigen.
In den vier Veranstaltungen gab es insgesamt nur einen Schüler, der sich nicht filmen ließ.
Einem weiteren Schüler war die Situation vor seinen Mitschülern extrem unangenehm.
Hier fanden wir eine Lösung, indem er sich außerhalb des Raumes präsentierte, wo seine
Mitschüler ihn nicht sehen konnten. Das Feedback zu seiner Selbstpräsentation erhielt er
später nicht offen vor der Klasse, sondern im Einzelgespräch.
Obwohl es den Schülern unangenehm war, selbst gefilmt zu werden, zeigten sie großes
Interesse an der Veranstaltung. Viele Schüler waren überrascht, wie sehr ihr Selbstbild
von ihrer Videopräsentation abwich:
• Ein Junge, die im persönlichen Gespräch sehr freundlich und sympathisch wirkt, zeigte
in seiner Selbstpräsentation plötzlich eine aggressiv und überheblich wirkende
Körpersprache.
• Ein Mädchen schätzte sich eher gelassen und selbstsicher ein, sah aber im Video, dass
sie sich immer wieder verlegen durch die Haare fuhr.
Block 2 - Kommunikation
Auch bei diesem Veranstaltungsblock waren die Lehrer nicht anwesend. Schwerpunkt der
Veranstaltung waren Rollenspiele, in denen die Schüler Telefonanrufe und
Gesprächssituationen simulierten.
Obwohl diese Rollenspiele nicht gefilmt wurden, kosteten sie die Schüler große
Überwindung die Schauspielsituation war vielen unangenehm.
Meinem Eindruck nach war der Themenblock Kommunikation für die Schüler inhaltlich am
Anspruchsvollsten. Dennoch beteiligten sie sich so gut, dass ich sogar über die
vorgesehenen Inhalte hinausgehen und das Vier-Ohren-Modell von Schulz von Thun
vorstellen konnte. Dieses analysierten die Schüler am Beispiel eines Patienten, der sich
bei der Sprechstundenhilfe in einer Arztpraxis beschwert.
Block 3 - Umgangsformen im Beruf
Anders als bei den vorangegangenen Veranstaltungen war bei allen Veranstaltungen im
letzten Block ein Lehrer als Beobachter mit im Raum.
Dieser Veranstaltungsblock fand an den Tagen nach den Zentralen Abschlussprüfungen
statt. Aus diesem Grund wurde die weitere Lebens- und Berufsplanung der Schüler
ausführlich thematisiert. Die Schüler gestalteten in Einzelarbeit eine persönliche Zeitlinie
für die nächsten vier Jahre, in welche sie für sie wichtige Ereignisse eintrugen. Das
Erstellen der Zeitlinien sowie einer "To-Do-Liste" für das nächste halbe Jahr sollte den
Schülern verdeutlichen, wo in Bezug auf ihren weiteren beruflichen Lebensweg Fragen
offen sind.
Je nach Zusammensetzung der Schülergruppe gestaltete sich der anschließende Ablauf
unterschiedlich:
• In zwei der insgesamt vier Gruppen sahen sich einzelne Schüler mit der Situation
konfrontiert, die Schule möglicherweise ohne Hauptschulabschluss verlassen zu
müssen. Hier wurde unter Hinzuziehung der für Berufsorientierung zuständigen Lehrerin
besprochen, wie dennoch ein Einstieg ins Berufsleben möglich sein könnte.
• Eine andere Gruppe setzte sich fast ausschließlich aus Schülern zusammen, die nach
dem Schulabschluss ein Berufskolleg besuchen werden. Mit diesen Schülern wurde
erörtert, wie der Einstieg und insbesondere das Lernen auf dem Berufskolleg gelingen
kann. Am Beispiel der Zentralen Abschlussprüfung in Mathematik erarbeiteten die
Schüler ein Raster für eine strukturierte Prüfungsvorbereitung.
Das Hauptthema der Veranstaltungen im dritten Block waren problematische und
schwierige Situationen im Berufsleben anhand konkreter Beispiele. Abhängig von ihrer
jeweiligen beruflichen Planung wurden die Schüler zunächst passenden Partnern
zugeordnet.
In Partnerarbeit überlegten sie sich verschiedenste Situationen aus dem Berufsalltag, die
dann in der ganzen Gruppe besprochen und für die, wenn möglich, Lösungsansätze
gefunden werden sollten. Die Schüler nannten z.B.:
• man wird von einem dementen Patienten ohne Grund beschimpft
• ein Bewohner stirbt
• das Auto des Kunden wurde in der falschen Farbe lackiert
• die Haare des Kunden wurden nicht wunschgemäß geschnitten
• der Kollege besteht auf einer anderen Arbeitsweise, als man selbst gelernt hat
• man hat etwas falsch gemacht- wie sagt man es dem Chef?
Hier zeigten sich fast alle Schüler sehr engagiert. Sie fanden in allen besprochenen Fällen
Möglichkeiten, in angemessener und kompetenter Weise mit der besprochenen Situation
umzugehen. Über das Thema Tod in der Alten- und Krankenpflege tauschten sich die
Schüler besonders einfühlsam und respektvoll aus.
Fazit
• Die zeitliche Aufteilung in drei voneinander getrennte, über das Jahr verteilte Termine
hatte den Vorteil, bereits angesprochene Themen noch einmal wiederholen und
vertiefen zu können. Für den organisatorischen Ablauf im Schulalltag stellte das
Einfügen von insgesamt 12 Terminen mit je einer halben Klasse jedoch eine
Herausforderung dar. Möglicherweise wäre hier aus organisatorischen Gründen ein
einziger, großer Veranstaltungsblock über 2-3 Tage vorzuziehen.
• Die Größe der Schülergruppen war ideal. Mit einer ganzen Klasse und einem
Seminarleiter wäre die Veranstaltung so nicht durchzuführen.
• Die Durchführung außerhalb eines Klassenzimmers hat sich sehr bewährt und trug
nach meinem Empfinden maßgeblich zu einer guten, entspannten Arbeitsatmosphäre
bei. Einige Elemente der Veranstaltungsreihe wie z.B. die gefilmte Selbstdarstellung
oder die gemalte Zeitlinie für die weitere Lebensplanung berührten sehr persönliche
Themen der Schüler und wären in der gewohnten Umgebung vielleicht nicht
entstanden.
• Inhaltlich hatten sich die Schüler bereits vor dem Beginn der Veranstaltungsreihe sehr
intensiv mit dem Thema Berufswahl, Bewerbungsverfahren etc. auseinandergesetzt.
Bei der Durchführung der einzelnen Veranstaltungen engagierten sich die Schüler umso
mehr, je praktischer und auf konkrete Beispiele bezogen die jeweilige Aufgabe war.
• Das Feedback der Schüler zur Veranstaltung war positiv. In wie weit die Schüler
zukünftig von den Inhalten profitieren werden, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt
nicht einschätzen. Allerdings konnte ich feststellen, dass die Schüler bereits
besprochene Inhalte aus vorangegangenen Veranstaltungen zu einem späteren
Zeitpunkt anwendeten: Die von ihnen vorgeschlagenen Lösungen zu schwierigen
beruflichen Situationen in Block 3 entsprachen den Inhalten, welche wir in Block 2
Kommunikation zur Reklamationsbearbeitung / Umgang mit aufgebrachten Menschen
/ freundlich nein sagen behandelt hatten.