Schulkonzept zur Gewaltprävention

Ansprechpartner:

Frau Bolte

Institution:

Astrid-Lindgren-Schule

  • Nottengartenweg 4
    59348 Lüdinghausen

Beschreibung und Ziele:

Nachhaltige Installation von Modulen zur Förderung des sozialen Lernens: Anti-Gewalt-Training und Deeskalationstraining beginnend in Kl. 5 Erlebnispädagogische Klassenfahrten Klasse 6 Aufbautraining: Ausbildung zu Streitschlichtern und Klassenpaten ab Klasse 7 Aufbautraining: Erweiterung sozialer Kompetenzen zum Berufseinstieg ab Klasse 8

Entwicklung eines Schulkonzepts zur Gewaltprävention: Die Astrid-Lindgren-Schule ist eine Förderschule für Schülerinnen und Schüler, die einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung aufweisen und im Rahmen der Regelschule nicht hinreichend gefördert werden können. In unserer Schule werden ca. 140 Schülerinnen und Schüler an zwei Standorten in den Klassenstufen 1-9 unterrichtet. Vorrangiges Ziel unserer Arbeit ist es, die Schülerinnen und Schüler in ihrer Persönlichkeit zu stärken, ihre sozialen Kompetenzen zu erweitern, ihnen Grenzen zu setzen und ihnen neue Wege aufzuzeigen, so dass sie in die allgemeine Schule zurückgeschult werden können. An der Astrid-Lindgren-Schule fördern wir Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung auf dem Weg der schulischen und sozialen Integration. Unsere Schülerinnen und Schüler sollen wieder mit Freude lernen. Wir fördern die Stärken der Kinder und Jugendlichen, damit sie wieder Vertrauen in sich selbst finden und ihre eigene Leistungsfähigkeit aufbauen. Viele Schülerinnen und Schüler haben ein geringes Selbstwertgefühl. Sie können Enttäuschungen und Misserfolge kaum verkraften. Sie brauchen unsere zugewandte Ansprache und viel individuelle Hilfe. Das Lernen und Leben in kleinen Klassen soll den Schülerinnen und Schülern Gemeinschaftserfahrungen ermöglichen, die Sicherheit und Halt im Umgang mit anderen Menschen geben. Unsere Arbeit ist in erster Linie auf die Weiterentwicklung der Fähigkeiten zu emotionalem Erleben und sozialem Handeln gerichtet. Dabei unterstützen und begleiten wir die Schülerinnen und Schüler durch ein breites Angebot spezifischer individueller Hilfen. Hierbei liegt das besondere Augenmerk auf der gesellschaftlichen Integration durch die Förderung personaler und fachlicher Kompetenzen.  Durch engagiertes, zuverlässiges und partnerschaftliches Verhalten bauen wir Vertrauensverhältnisse zu Schülerinnen und Schülern, Eltern und Erziehungsberechtigten auf.  Qualifizierte Beratung mit Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz ist die Basis für eine langfristige Zusammenarbeit.  Vielfältige Kooperation mit anderen Institutionen ist wichtige Grundlage für unsere Arbeit.  Wir schauen genau hin, was das Kind oder der Jugendliche braucht, und mischen uns ein.

Wie wurden die Kinder in das Projekt eingebunden?

SuS sind im Anti-Gewalt bzw. Deeskalationstrainingskursen aktiv und erarbeiten angemessene Handlungsstrategien. SuS werden zu Streitschlichtern ausgebildet und wenden ihre Kenntnisse in den Pausen und anderen Freiphasen an. Gemeinsam mit ihren Lehrerinnen und Lehrern entwickeln und planen die SuS die entsprechenden Projekte.

Rückblick:

Bausteine zur Förderung der sozialen Kompetenz

mit den Schwerpunkten Gewaltprävention und Deeskalation
ein Schulkonzept von der 5. bis zur 9. Klasse
an der
Astrid-Lindgren-Schule Lüdinghausen
Förderschule für emotionale und soziale Entwicklung
des Kreises Coesfeld
















Katja Steinweg und Lea Niermann
1. Einleitung - Theoretische Einordnung

Gewalt unter Kindern und Jugendlichen

"Gewalt ist der Ausdruck sozialer Prozesse, in denen strukturelle Bedingungen und indivi-duelles Handeln zusammenwirken. Gewalt ist ein interaktives Produkt, d.h. das Verhalten beider Seiten ist zu beachten und es ist beeinflusst durch die jeweils situativen Bedingun-gen. Gewalttätigkeiten sind abhängig von Gewaltbilligung und Gewaltbereitschaft, die beide ein Ergebnis sozialen Lernens sind. Gewalthandeln ist mit einem subjektiven Sinn seitens des Handelnden verbunden …

Kinder erleben Gewalt in vielfältigen Zusammenhängen. Durch die Medien sind sie täglich mit Gewaltdarstellungen konfrontiert. Hier erfahren sie von der realen Gewalt gesellschaftlicher und kriegerischer Auseinandersetzungen. Ebenso erleben sie imaginäre Gewaltformen in Zei-chentrickfilmen, Fernsehfilmen, im Kino oder in Computerspielen. Im persönlichen Umgang, sei es in der Familie, beim gemeinsamen Spielen oder im Straßenverkehr erleben Kinder und Jugendliche als Betroffene oder als Zeugen, dass Gewalt oftmals ein akzeptables und effekti-ves Mittel der Konfliktaustragung ist.
Es sind mehr Kinder und Jugendliche als früher, die in jüngerem Alter und häufiger zu gewalt-tätiger Durchsetzung neigen. Zugleich sind die Formen bzw. Anlässe der Gewalt anders ge-worden. Gewalt unter Heranwachsenden ist brutaler und roher geworden, die Hemmschwel-len sinken, und die Anlässe für Gewalttätigkeit werden unbedeutender.
Unter Kindern und Jugendlichen sind ganz unterschiedliche Formen von Gewalt zu finden. Der Umgangston unter Kindern und Jugendlichen ist rauer und gereizter geworden.
Szenesprüche, deftigste Schimpfnamen oder Drohungen sind ein Merkmal einer bedenklich gesunkenen Hemmschwelle auch schon bei Grundschülern.
Das Beschädigen, Bemalen, Besprühen oder Verschmutzen von Gebäuden und Einrichtungen sowie wie das Beschädigen von Eigentum sind Bestandteile jugendlicher Gewalt. Teilweise statten sich Kinder und Jugendliche mit Waffen aus oder es kommt immer wieder zu Erpres-sungen. Die Formen der körperlichen Gewalt reichen von einfacheren Raufereien bis zur be-wussten Schädigung oder Verletzung des Opfers.

Ursachen und Hintergründe der Gewaltbereitschaft von Kindern und Jugendlichen sind viel-schichtig. Es gibt ganz unterschiedliche Gewalt fördernde Momente, die erst in einem Zu-sammenspiel als ursächlich für Gewalttätigkeit und Gewaltbereitschaft gelten können.
Der typisierte jugendliche Gewalttäter zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

 Mangel an Empathie,
 Sprachlosigkeit und Mangel an argumentativen Fertigkeiten,
 Angst wegen sozialer oder erlebter Minderwertigkeit,
 Langeweile, in der Folge ggf. Suche nach dem medialen Nervenkitzel,
 eigene Vergangenheit als Opfer von Gewalt, z.B. frühkindlicher Misshandlung,
 familiäre Entwurzelung,
 "drop-out"-Erfahrungen im Schul- und Ausbildungssystem,
 exzessiver Konsum von medialer Gewalt.
Insbesondere ist es für Schüler und Schülerinnen mit dem Förderbedarf im Bereich der emoti-onalen und sozialen Entwicklung kennzeichnend, dass sie in sozialen Interaktionen häufig ein-geschränkte und mitunter unangemessene Verhaltensmuster zeigen. Hierzu gehören z.B.
- betont ich-bezogene Wahrnehmung von sozialen Situationen immer "Erste/r" sein wollen Aufmerksamkeit "um jeden Preis" erzielen wollen sich schnell provoziert füh-len, nicht verlieren können
- mangelndes Einfühlungsvermögen in andere Personen Bedürfnisse, Wünsche und Ge-fühle anderer wahrzunehmen und zuzulassen
- Ungeduld und Sprunghaftigkeit bei gemeinsamen Aktivitäten
- verbal und körperlich impulsive Verhaltensweisen, die schnell zu Konflikten führen und in eine Eskalation führen Beleidigungen, versteckte Provokationen, körperliche Angrif-fe
Oftmals erschweren gerade diese Verhaltensweisen ein friedvolles gemeinsames Lernen und fordern von Lehrpersonen aktives Handeln.
Die Thematik des Sozialen Lernens hat seit den 90er Jahren aus der offenen Jugendarbeit heraus auch Einzug in die Schulen - sowohl an allgemeinbildende als auch Förderschulen - erhalten. Die Zielsetzung dabei ist, Kooperationsfähigkeit nicht nur beiläufig im Schulalltag zu fördern, sondern mit Hilfe gezielter Programme und Projekte den Schülerinnen und Schülern positives Sozialverhalten und die Kompetenz zur gewaltfreien Konfliktlösung zu vermitteln . Zum einen sollen diese Konzepte und Programme konkrete Hilfestellungen im Umgang mit aktuellen Problemen in einer Lerngruppe bieten. Zum anderen soll aber vor allen Dingen Ge-waltprävention stattfinden, indem Schülerinnen und Schüler bereits frühzeitig darin gefördert werden, soziales Geschehen wahrzunehmen, sich selbst und andere zu akzeptieren, Eskalation zu vermeiden und in Konfliktsituationen angemessen zu kommunizieren.

Das Erlernen und Vertiefen pro-sozialen Verhaltens sollte frühzeitig von der Schule als Kon-zept in den Unterricht mit einfließen. Eine Mentalität des Hinsehens ist notwendig, um Ge-waltursachen und Auslöser zu sehen, um eine soziale Lernentwicklung zu gewährleisten und Gewalt zu vermeiden. Es ist wichtig, dass Schule nicht nur kognitiv stattfindet sondern auch auf der affektiven Ebene. Aus dem Erziehungsauftrag von Schule geht hervor, dass sie neue Verhaltensweisen vermitteln muss, indem Kinder eigene Erfahrungen machen und langfristig lernen, Konflikte alleine gewaltfrei auszutragen.

2. Bausteine zur Förderung der sozialen Kompetenz
Jahrgangsstufe Inhalte
Zeitlicher Rahmen
1. Baustein: Sozialtraining "Bleib locker!"
Klasse 5  Training zur Förderung der sozialen Kompetenz "Bleib locker"
 Durchführung durch zwei ausgebildete Anti- Gewalt und Deeskalationstraine-rinnen
 Mitwirkung des Klassenlehrers
 Eingliederung der Trainingsinhalte in den Unterricht durch eine "Übung der Woche" 2. Halbjahr
½ Jahr 1x in der Woche
wöchentliche Teambespre-chungen
weitere Beratung durch die Trainerinnen bei Bedarf
2. Baustein: Erlebnispädagogische Klassenfahrt / Soziales Kompetenztraining durch Klassenrat und Pausenbegleitung von Grundschülern

Klasse 6  Aktive Pausenbegleitung und Gestal-tung bei den Grundschülern
 Erlebnispädagogische Klassenfahrt, be-gleitet durch die Trainerinnen
 Weiterführung der Trainingsinhalte im Unterricht durch die "Übung der Wo-che"
 Klassenrat feste Pausenzeiten 1x wöchentlich
Klassenfahrt 3- 5 Tage
3. Baustein: Sozialtraining "Bleib locker!" II. Teil Fortführung des Sozialen Kompetenztrainings

Klasse 7  Aufbautraining "Bleib locker"
 Aktive Pausenbegleitung und Gestal-tung bei den Grundschülern
 Klassenrat ½ Jahr 1x in der Woche
wöchentliche Teambespre-chungen
feste Pausenzeiten 1x wöchentlich


4. Baustein: Ausbildung zum Streitschlichter und Erweiterung des Sozialen Kompetenztrainings durch Klassenpatenschaften in der Grundschule

Klasse 8/9  Ausbildung zum Streitschlichter
 Einsatz als Streitschlichter in der Grund-schule
 Übernahme von Klassenpatenschaften in der Grundschule Begleitung und Unterstützung im Unterricht, in Spielzeiten
 Klassenrat 5-6 Wochen Ausbildung
feste Bereitschaftszeiten als Streitschlichter
feste Stunden in der Grundschule als Klassenpate


3. Inhalte der einzelnen Bausteine
Im Folgenden wird der erste Baustein der Konzeption ausführlich dargestellt. Die Bausteine zwei bis vier werden stichpunktartig vorgestellt, da sie im Rahmen des Schulalltags noch suk-zessive aufgebaut werden.

3.1 Baustein 1: Sozialtraining "Bleib locker!"

"Bleib locker!" - was bedeutet das?
Eine kurze Ansage, die unter Kindern und Jugendlichen durchaus häufig zu hören ist, aber auch in der Auseinandersetzung mit Erwachsenen von ihnen angewendet wird. Es steht die Intention dahinter, seinem Gegenüber zu verdeutlichen, dass er "runter kommen" oder sich nicht in etwas hineinsteigern soll. Eine Aufforderung zu Gelassenheit. - Eigentlich schon eine gute Sozialkompetenz - den Gefühlzustand eines anderen wahrzunehmen und mit einer be-schwichtigenden, beruhigenden Äußerung darauf zu reagieren.
Durch die vielfältigen gemeinsamen Tätigkeiten und Interaktionen während des Trainings können ein angenehmes Lernklima und ein respektvoller Umgang miteinander entstehen. Selber "Locker zu bleiben" und mit einem "Bleib Locker!" auf andere zu reagieren, denen das gerade schwer fällt, trägt unserer Ansicht nach zu einer Schule bei, in der sich jeder wohl und sicher fühlen kann.
Die Kinder werden in dem Training immer zum eigenen Tun angehalten. Dies vermitteln wir durch verschiedene Methoden der Konfrontativen Pädagogik und durch gruppendynamische Elemente.
In Anlehnung an die curricularen Faktoren des Coolness-Trainings© nach Kilb, Gall und Weid-ner sind folgende Inhalte, Zielsetzungen und Methoden für die Zielgruppe anzustreben:
Inhalte
 Wahrnehmung der eigenen Person und der anderen in der Gruppe
 Stärkung von Kooperation und Vertrauen in der Gruppe
 Sensibilisierung für Körpersprache und Kommunikation
 Wahrnehmung von Aggressionen und Gewalt z.B. Mobbing
 Sensibilisierung für Rollenverhalten
 Erarbeitung von Konfliktlösungs- und Deeskalationsstrategien
 Aufbau eines gemeinsamen Regelverständnisses
Zielsetzungen
Mit den oben angeführten Inhalten wird im Training beabsichtigt, dass die Schülerinnen und Schüler:
 sich als wichtigen und aktiven Teil der Gruppe erleben.
 sich mit eigenen Wert- und Normvorstellungen auseinander setzen und verbindliche Regeln für den Umgang miteinander erarbeiten.
 persönliche Stärken des Einzelnen nutzen und für die Gruppe einbringen.
 lernen, Schwächen bei sich und anderen zu akzeptieren.
 Verantwortung für sich und die Gruppe übernehmen und Zuverlässigkeit und Halt er-fahren.
 lernen, eigene Gefühle und Befindlichkeiten zu äußern.
 lernen, Empfindungen anderer wahrzunehmen und angemessen darauf zu reagieren.
 für persönliche Anteile von Aggression und Gewalt sensibel werden.
 lernen, eigenes Verhalten in schwierigen Situationen zu reflektieren.
 Handlungsstrategien erarbeiten, um Konfliktsituationen frühzeitig zu erkennen und gewaltfrei zu klären.
Methoden
Die Auflistung der angegebenen Methoden ist rein additiv und somit nicht als Rangfolge nach Wichtigkeit oder chronologischer Abfolge während des Trainings zu verstehen.
 Interaktionspädagogische Übungen
 Kooperationsübungen
 Vertrauensübungen
 Erlebnispädagogische, körperbetonte und sportliche Spiele
 Kämpfen nach Regeln
 Konfrontationsübungen
 Rollenspiele
 Deeskalationsstrategien
 Entspannungsübungen
 Fragebögen
Es ist in besonderem Maße darauf hinzuweisen, dass den Schülerinnen und Schülern die durchgeführten Übungen nicht als "Spiele" vorgestellt werden sollten. Kinder und auch ältere Jugendliche neigen dazu, hauptsächlich den Spaßfaktor der Aktivität wahrzunehmen. Im Rah-men eines Sozialtrainings, das die Schulung der Wahrnehmung, Kommunikation und sozialen Interaktion der Teilnehmer beabsichtigt, ist es nach Ansicht der Trainerinnen wichtig, von "Übungen" zu sprechen. Da die Übungen jeweils unterschiedliche Zielsetzungen s. Auflistung oben verfolgen - und auch diesbezüglich von den Trainerinnen ausgewählt werden - muss nach jeder Übung eine Auswertung mit der gesamten Gruppe stattfinden. Das Auswerten der Übungen mag den Kindern zunächst oft merkwürdig erscheinen. Mit der Zeit gehören sie je-doch einfach zum Ablauf dazu. Denn gerade an diesem Punkt können durch Äußerungen oder gezielte Auswertungsfragen Erkenntnisse gewonnen werden, die den Gruppenprozess voran bringen oder Einzelnen zu neuen Wahrnehmungen oder Einsichten verhelfen.
Mögliche Auswertungsfragen können sein:
. Wie war es für euch?
. Was ist die Besonderheit dieser Übung?
. Kennt ihr solche Situationen aus dem Schulalltag, dem Gruppenalltag?
. Was habt ihr denn hier für eine Erfahrung gemacht?
. Was hat euch geholfen, diese Übung gut zu machen?
. Ihr habt das grandios gemacht. Was könnt ihr jetzt hieraus für die
Klassensituation übertragen?
. Du hast zwischendurch nicht mehr mitgemacht. Was war los?
. Dein Hals ist ganz rot geworden. Wie geht es dir jetzt? Warum?
. Peter ist sehr stürmisch und reißt das Geschehen schnell an sich. Ich habe
gesehen, dass das nicht allen gefällt. Ihr habt aber nichts gesagt. Was würde
euch helfen, um mit dieser Situation besser umzugehen? Wer hat eine Idee?
. Florian hatte gerade eine gute Idee. Flo, wie kam es zu dieser echt guten
Idee?


Trainingsregeln
Die Trainingsregeln bestehen von Beginn an, werden von den Trainerinnen aufgestellt und den Schülerinnen und Schülern bereits bei der Vorstellung des Trainings erläutert. Es ist je-doch wichtig, während der gesamten Trainingseinheiten die Regeln auf einem Plakat im Raum zu präsentieren und bei Bedarf darauf zu verweisen.
In Anlehnung an das Coolnesstraining© nach Kilb, Gall und Weidner wurden die Trainingsre-geln aufgestellt und haben sich bewährt. Die Trainerinnen erachten die Anzahl der Regeln auch bei der noch jungen Zielgruppe als sinnvoll. Die aufgestellten Regeln bieten den Schüle-rinnen und Schülern einen festen Orientierungsrahmen, der für alle Teilnehmer, einschließlich der Trainerinnen und der Lehrperson Gültigkeit hat.
Die Trainingsregeln können im Verlauf des Trainings bei Bedarf von der Gruppe noch ergänzt werden.
Die im Folgenden kursiv gedruckten Erläuterungen sind kindgerecht formuliert, um dem Alter der Zielgruppe zu entsprechen und werden nur als verbale Unterstützung zur Erklärung benutzt.
 STOPP bedeutet Aussetzen jeden Handelns.
Bei STOPP wird sofort aufgehört, Handlungen werden eingefroren STOPP kann jeder sagen, wenn es ihm nicht gut geht mit dem, was gerade passiert es wird kurz geklärt, warum STOPP gesagt wurde.
 Es spricht immer nur einer.
Wir können einander nur zuhören, wenn wir nacheinander sprechen. Jeder, der etwas sagt, hat das Recht, dass ihm zugehört wird.
 Keiner wird beleidigt, ausgelacht oder verletzt.
Wir gehen respektvoll miteinander um. Du selber willst nicht beleidigt, ausgelacht oder verletzt werden, also gehe auch so mit den anderen um.
 Ich befolge die Anweisung der Trainerinnen.
Während des Trainings haben die Trainerinnen die Verantwortung für die Gruppe. Deshalb müssen die Teilnehmer auf die Trainerinnen hören.
 Ausprobieren ist ausdrücklich erwünscht.
Viele Übungen macht die Gruppe zum ersten Mal. Jeder soll sich ruhig zutrauen, etwas auszuprobieren. Es ist nicht schlimm, wenn etwas mal nicht klappt. Das passiert jedem, auch Erwachsenen.


 Alle machen mit.
Die Trainerinnenhaben den Ablauf der Trainingsstunden für die Gruppe geplant. Da die gesamte Gruppe die Erfahrungen machen soll, ist es wichtig, dass alle dabei sind und mitmachen. Wenn ein Kind hinterher sagen möchte, warum es die Übung nicht mochte, kann es das gerne tun.
 Schweigepflicht
Schweigepflicht heißt, dass du nichts Unangenehmes oder Peinliches über ein Kind aus der Gruppe an andere weiter erzählst. Natürlich kannst du deinen Eltern oder Freunden gerne von den Übungen erzählen, die wir im Training machen.

Thematischer Aufbau des Trainings
Das Training ermöglicht die Auseinandersetzung und Reflexion von eigenen Konfliktverhalten sowie die Erarbeitung von Handlungsstrategien in schwierigen Situationen. Wesentliche Be-standteile sind eine Sensibilisierung für Gruppenprozesse und die Stärkung der individuellen Persönlichkeit. Die einzelnen Einheiten werden in ihrer Dauer und Intensität flexibel gestaltet.
Einheiten
Themenschwerpunkte Lerninhalte
Lernziele Methoden
Kennenlernen, Regeln vertiefen, Konsequen-zen,
Wahrnehmung, die Gruppe kennenlernen  Sich in der Gruppe wahrnehmen und sich einbringen ohne Kon-kurrenz
 Eigene Erwartungen, Motivatio-nen und Befürchtungen austau-schen
 Auseinandersetzung mit eigenen Wert- und Normvorstellungen
 Regeln vereinbaren und akzep-tieren Namens- Kennenlernspiele, Interak-tionspädagogische Übun-gen, Auflockerungsübun-gen, Vertrag
Wahrnehmung
Eigene Stärken und Schwächen erkennen  Beobachtungs- und Aufmerk-samkeitsvermögen schulen
 Gefühle erkennen und wahr-nehmen
 Erkennen der eigenen persönli-chen Möglichkeiten
 Wecken von gegenseitigem Inte-resse und Akzeptanz
 Wahrnehmungseinschränkungen durch pers. Befindlichkeiten er-kennen
 Beziehungs- Inhalts- und Ge-fühlsaspekte erkennen


Interaktionspädagogische Übungen,
Rollenspiele, Fragebögen, körperbetonte, sportliche Übungen
Körpersprache und Kommunikation  Unterschiedliche Wahrnehmun-gen und Interpretationen von Aussagen kennen lernen
 Effektive Kommunikation erar-beiten
 Auseinandersetzung mit eige-nem Kommunikationsstil nonverbale Kommunikati-onsübungen,
Übungen zur Körperspra-che, Rollenspiele, körper-betonte, sportliche Übun-gen



Kooperation und Ver-trauen  Gegenseitige Akzeptanz
 Gleichberechtigung in der Grup-pe
 Übernahme von Verantwortung
 Erleben von Zuverlässigkeit und Halt
 Empfindungen anderer wahr-nehmen und angemessen darauf reagieren
 Stärkung der Gruppe
 Interesse an gemeinsamen Zie-len wecken Kooperationsübungen, Vertrauensübungen, Er-lebnispädagogische Übungen
Gewaltdefinition, erste leichte Konfrontation, Aggressionsauslöser,  Reflektion eigenen Verhaltens und des Gruppenverhaltens in schwierigen Situationen
 Regeln für faires Kämpfen lernen
 Gewalt definieren Körperbetonte sportliche Spiele, Kämpfen nach Re-geln, Rollenspiele, Interaktionspädagogische Übungen, Analyse von Verhalten,
Mobbing  Sensibilisierung für das Thema
 Wahrnehmung eigener Täter- Opfer-Dispositionen
 Gruppenprozesse erkennen und Wahrnehmung von Gewalt und Aggressionen
 Erkennen von Rollenverhalten, Rollenzuweisungen und Rollen-erwartungen Texte zu Mobbing, Rollen-spiele,
Filmanalyse, Fragebögen, Interaktionspädagogische Übungen
Aushalten von Provoka-tionen,
Erhöhung der Frustrati-onstoleranz, Impuls-kontrolle  Erfahrung persönlicher Anteile von Aggression und Gewalt
 Erkennen der eigenen Befind-lichkeit in Konflikten
 Mit Belastungen umgehen Kampfspiele, Stunts, er-lebnispädagogische Übungen,
Konfrontationsübungen, Rollenspiele
Konflikte lösen, Deeska-lationsstrategien  Strukturen menschlicher Begeg-nungen kennen lernen Rituale, Territorien, Nähe, Distanz
 Gewaltvermeidung durch aktive Kommunikation
 Aus der Rolle des Opfers ausbre-chen
 Erarbeitung von Handlungsstra-tegien, um Konfliktsituationen frühzeitig zu erkennen und ge-waltfrei zu klären

Übungen gegen Anmache, Provokationsübungen, Klassengespräche, Rollen-spiele, Konfrontations-übungen, Absprachen treffen
Ausblick auf weiteres gemeinsames Zusam-menleben in der Klasse  Regeln und Rituale vereinbaren
 Absprachen treffen und festhal-ten
 Übungen auswählen, als Rituali-sierte Standards im Unterricht Gruppengespräche, Plaka-te erarbeiten
Vgl. Kilb, Rainer Weidner, Jens Gall, Reiner: Konfrontative Pädagogik in der Schule. Anti-Aggressivitäts- und Coolnesstraining. Weinheim und München, 2009 2. Überarb. Auflage. Juventa S.112-113


Struktur einer Trainingseinheit
Im Folgenden wird der Aufbau der Trainingseinheiten exemplarisch am Beispiel der ersten Trainingseinheit dargestellt.
Themen /Übungsfolge Lernziele Medien

Begrüßung der Teilnehmer
Stecken einer Wäscheklammer mit dem eigenen Namen an ein Stimmungsplakat Daumen hoch=fühle mich gut, Daumen run-ter=fühle mich nicht so gut
kurzes Eingehen auf Schüler, die sich nicht so gut fühlen Rück-sichtnahme ansprechen

1. Übung: Heiße Kartoffel
Kurze Reflektion:
 Was war schwer an der Übung?
 Hattet ihr einen Trick?


2. Übung: Pool-Nudel-Fangen
Kurze Reflektion:
 Was war schwierig?
 Worauf musstet ihr achten?

3. Übung: Eisscholle
Kurze Reflektion:
 Was war schwierig?
 Worauf musstet ihr achten?
 Welche Tricks hattet ihr, wenn die Scholle kleiner wurde?
Stimmungen wahrnehmen und ak-zeptieren, Ritual, Kommunikations-bereitschaft



Warm-up, Interaktion, Konzentrati-on aufeinander achten




Interaktion im Kreisspiel kurze Wettkampfsituation zwischen Her-ausforderer und Angeschlagenem Impulskontrolle beim Abtreffen mit der Pool-Nudel

Interaktion auf immer kleinerem Raum körperliche Nähe zulassen, Hilfe anbieten, gemeinsam ein Ziel erreichen Ruhe bewahren


Daumen-Barometer, Wäsche-klammern mit Namen




dicke und kleine Kartoffel





Pool-Nudel, Stuhl, Sitzmatten





Zeitung





Pause
Warm-up nach der Pause: Eine Ente




4. Übung: Luftballons hochhalten
Kurze Reflektion:
 Was war schwierig?
 Worauf musstet ihr achten, damit die Übung klappt?
 Wie habt ihr euch als Team abgesprochen?


Abschlussritual:

Cool Down: Entspannen in Bauch- oder Rückenlage mit Musik

Schüler werden dabei leise von der Trainerin nach ihrer Lieblings-übung gefragt
Schüler geben Selbsteinschätzung über Mitarbeit im Training ab
"ein oder zwei Steine" in das Belohnungsglas
Bewegungslied im Kreis Zusam-menführen der Gruppe
Wiedereinstimmung, Spaß


Interaktion der gesamten Gruppe verfolgen eines gemeinsamen Ziels steigernder Schwierigkeitsgrad auf sich und andere achten



Beruhigung und Besinnung

Rückmeldung und Selbsteinschät-zung
Motivation der Gruppe: Belohnung für die Gemeinschaft, wenn das Glas voll ist


-



Luftballons Anzahl steigern bis mehr Ballons als Kinder da sind




CD-Player Entspannungs-CD

Murmelglas, Murmeln











Information der Lehrkräfte
Es ist von grundlegender Bedeutung, die Lehrkräfte über den konzeptionellen Hintergrund des Sozialtrainings "Bleib locker!" zu informieren. Nur wenn die Lehrpersonen mit der Konf-rontativen Pädagogik und dem ihr zugrundeliegenden Menschenbild, der Erziehungshaltung sowie dem Umgang mit Regeln und Regelverhalten einverstanden ist und sich eine solche Vorgehensweise für ihre eigene pädagogische Arbeit vorstellen kann, macht es Sinn, ein sol-ches Training durchzuführen. Dazu gehört es nicht nur, die Inhalte, Ziele und Methoden des Trainings vorzustellen, sondern auch gemeinsam mit den Trainerinnen zu überlegen, wie nach der Durchführung des Trainings eine Weiterführung der pädagogischen Grundhaltung im Alltag aussehen kann.
Für die praktische Durchführung ist es daher unabdingbar, dass sich die Lehrpersonen bereit erklärt,
 bei den Trainingseinheiten anwesend zu sein
 eine Nachbesprechung nach jeder Trainingseinheit durchzuführen
 eine Abschlussreflexion und Auswertung des Trainings mitzugestalten

Vorstellung des Trainings bei der Elternschaft
Die Vorstellung des "Bleib locker!"-Trainings wird im Rahmen eines Elternabends und durch die Ausgabe eines Flyers von den beiden Trainerinnen in Anwesenheit der Klassenlehrkraft umgesetzt. Auf diese Weise werden der konzeptionelle Hintergrund, die Ziele, Inhalte und Methoden des Trainings dargeboten.
Es wird von den Trainerinnen als wichtig befunden, dass die Eltern die Teilnahme ihres Kin-des am "Bleib locker!"-Training bewusst befürworten. Die Trainerinnen bieten ihre Bereit-schaft zu telefonischen und persönlichen Gesprächen an, wenn Eltern dies wünschen. Die Eltern werden ermutigt, ihre Kinder nach den Inhalten und dem Erleben der Trainingseinhei-ten zu fragen und mit ihnen über das Training ins Gespräch zu kommen.
Bereits beim Informationsgespräch werden die Eltern zu einem geplanten Eltern-Kind-Abschluss-Treffen eingeladen. Die Absicht der Trainerinnen ist es, bei einem solchen Termin die Schüler und Schülerinnen mit ihren Eltern gemeinsam in Aktion treten zu lassen. Interak-tions- und Kooperationsübungen mit Eltern und Kindern können für beide Seiten wichtige Erfahrungen ermöglichen und wirken verbindend. Desweiteren bietet so ein Treffen die Ge-legenheit, das "Bleib locker!"-Training in geselliger und besonderer Runde abzuschließen.

3.2 Baustein 2: Erlebnispädagogische Klassenfahrt / Soziales Kompetenztraining durch Klassenrat und Pausenbegleitung von Grundschülern

erlebnispädagogische Klassenfahrt
 Übungen aus dem "Bleib locker" Training
 intensives gruppendynamisches Erleben durch Aktionen wie: Hochseilgarten, Kanu fahren, Höhlenwanderung
 Stärkung der Klassengemeinschaft

Klassenrat
 positive und negative Ereignisse besprechen
 gemeinsame Konfliktlösung
 Planung von gemeinsamen Klassenaktivitäten

Pausenbegleitung von Grundschülern
 Animation jüngerer Schüler, z.B. durch Tischtennis, Fußball, Billard
 feste Zeiten einhalten - Zuverlässigkeit zeigen
 Vorbildfunktion
 Festigung eigener sozialer Kompetenzen und Sammeln von Erfahrungen in sozialen Zusammenhängen

3.3 Baustein 3: Sozialtraining "Bleib locker!" II. Teil Fortführung des Sozialen Kompetenztrainings

Aufbautraining "Bleib locker" II. Teil
 aufbauenden Übungen im Bereich Interaktion, Kooperation und Kommunikation
 Themenschwerpunkte: verbale und körperliche Gewalt, Mobbing, Impulskontrolle

Klassenrat
 positive und negative Ereignisse besprechen
 gemeinsame Konfliktlösung
 Planung von gemeinsamen Klassenaktivitäten

Pausenbegleitung von Grundschülern
 Animation jüngerer Schüler, z.B. durch Tischtennis, Fußball, Billard
 feste Zeiten einhalten - Zuverlässigkeit zeigen
 Vorbildfunktion
 Festigung eigener sozialer Kompetenzen und Sammeln von Erfahrungen in sozialen Zusammenhängen
 freiwillige Teilnahme

3.4. Baustein 4: Ausbildung zum Streitschlichter und Erweiterung des Sozialen Kompetenztrainings durch Klassenpatenschaften in der Grundschule

Streitschlichter
 Ausbildung von Schülern und Lehrkräften durch einen externen Kooperationspartner Arbeiter Samariter Bund Münster
 Streitschlichtertätigkeit in den Grundschulpausen
 regelmäßiger Austausch über die Tätigkeit
 freiwillige Teilnahme

Klassenpatenschaften
 regelmäßige Begleitung und Unterstützung in einer festen Grundschulklasse
 Vorbildfunktion
 Festigung eigener sozialer Kompetenzen und Sammeln von Erfahrungen in sozialen Zusammenhängen
 freiwillige Teilnahme



4. Literaturverzeichnis
Heitmeyer, W, Desintegration und Gewalt, In: Pädagogisches Zentrum Berlin Hg., Schule ohne Gewalt, Bd. 1, 1992
Denkschrift Gewalt unter Heranwachsenden Der präventive Beitrag von Erziehung und Bildung Deutscher Lehrerverband DL 2003, zitiert auf www. lehrerverband.de

Gilb, Weidner, Gall, Konfrontative Pädagogik in der Schule, 2. Auflage, 2009, Juventa
Verlag Weinheim und München

Großmann, Christina Projekt: Soziales Lernen. Mühlheim, 1996. Verlag an der Ruhr

Walker, Jamie: Gewaltfreier Umgang mit Konflikten in der Grundschule. Berlin, 1995. Cornelsen

Hoffmann, Kirsten, Von Lilienfeld-Toal, Kerstin u.a.: STOPP - Kinder gehen gewaltfrei mit Konflikten um. Horneburg, 2001. Persen

Kohl, Rüdiger: Ohne Faust geht es auch. Merzenich. Kappes-Verlag

weiterführende Literatur

Gewalt im Griff 1: Neue Formen des Anti-Aggressivitäts-Trainings, Weidner, Kilb, Kreft, 2. Auflage, 2009, Juventa Verlag Weinheim und München

Schatz, Herbert Bräutigam Dorothea: Locker Bleiben - Sozialtraining für Schüler mit sonderpädago-gischem Förderbedarf. Dortmund, 2012. Borgmann Media

Omer, Haim Von Schlippe, Arist: Stärke statt Macht. Neue Autorität in Familie, Schule und Gemein-de. Göttingen, 2010. Vandenhoeck & Ruprecht

Ebrecht-Fuß, Nicole: Zur Entwicklung und Förderung emotionaler Intelligenz bei Kindern im Vor-schulalter. Veröffentlichte Examensarbeit. 2000. GRIN Verlag für akademische Texte