Einstein-Gymnasium Rheda-Wiedenbrück
Die sprachlichen Kompetenzen eines Großteils der Schülerinnen und Schüler lassen zunehmend zu wünschen übrig. Dies hat zahlreiche und komplexe Gründe, eine Ursache ist sicherlich darin zu sehen, dass Schülerinnen und Schüler weniger lesen als dies noch vor einigen Jahren der Fall gewesen ist. Lesen ist in vielfacher Hinsicht förderlich für die Sprach-Entwicklung von Kindern und Jugendlichen: • Es fördert die Sprachkompetenz in Bezug auf die Ausweitung des Wortschatzes und die Anreicherung der sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten, insofern Schülerinnen und Schüler in anspruchsvollen Texten korrekte und vielfältige Satzbaumuster präsentiert bekommen. • Die Konzentrationsfähigkeit wird beim Lesen längerer Texte trainiert und das Gedächtnis geübt. • Lesen erweitert das Weltwissen von Kindern und Jugendlichen und bietet ihnen die Möglichkeit, im spielerischen Bereich der Literatur unterschiedliche Handlungsalternativen abzuwägen. • Lesen kann in der Auseinandersetzung mit Gedanken und Gefühlen literarischer Figuren emotional bereichernd wirken, insofern in Texten den Schülerinnen und Schülern bisher unbekannte Gefühle und Denkweisen zum Ausdruck kommen. • Zudem kann die Lektüre anregender Geschichten zusätzliche Kommunikationsanlässe für die Schülerinnen und Schüler einer Klasse bieten. • Nicht zuletzt kann die Lektüre unterhaltender Literatur zur Entspannung in einem ansonsten oftmals belastenden Schulalltag beitragen. Diesen deutlichen Vorteilen zum Trotz lesen Kinder und Jugendliche mit zunehmendem Alter deutlich weniger, auch wenn durch die Angebote einer Schülerbibliothek die Hemmschwelle zur Lektüre gesenkt wird. Während Schülerinnen und Schüler der Jahrgangstufen 5 und 6 noch eher diese Angebote annehmen, stellen für Schülerinnen und Schüler der oberen Mittelstufe die obligatorischen Schullektüren des Deutschunterrichts oftmals die einzigen Lektüren dar. Durch die Einführung von Klassenbibliotheken soll dem entgegengewirkt werden: Alle 5 Klassen der Jahrgangstufe 10 ca. 25 Schülerinnen und Schüler/Klasse sollen eine eigene Klassenbibliothek erhalten, die von den Schülerinnen und Schülern weitgehend eigenständig verwaltet wird Bestand, Ausleihe. Jedes Klassenmitglied erhält den Auftrag, ein Buch im Zeitraum von ca. zwei Monaten zu lesen und dazu eine ca. 2-3 Seiten lange handschriftliche Besprechung anzufertigen. Diese wird vom Deutschlehrer hinsichtlich der sprachlichen Richtigkeit korrigiert, sodass die Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit haben, sich in erkennbaren Fehlerschwerpunkten zu verbessern. Gelungene Besprechungen können im Rahmen des Deutschunterrichts, eventuell auch im Rahmen eines zu gründenden Leseclubs in der Klasse vorgelesen und gewürdigt werden. Sie können zudem im Bereich der sonstigen Mitarbeit berücksichtigt werden. Die Klassenbibliotheken können im folgenden Schuljahr der nächsten Jahrgangsstufe 10 zur Verfügung gestellt werden.
Durch die Einrichtung von Klassenbibliotheken sollen vor allem die sprachlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler gefördert werden: Die Schülerinnen und Schüler sollen regelmäßig deutlich mehr altersangemessene Literatur lesen und deren Inhalt schriftlich darstellen. Aber auch die sozialen Kompetenzen der Jugendlichen sollen gefördert werden, indem ihnen die Organisation und Verwaltung der jeweiligen Klassenbibliotheken unter Aufsicht ihrer Lehrerinnen und Lehrer übertragen wird. Zudem soll die Präsentationskompetenz der Schülerinnen und Schüler gefördert werden, indem zumindest einzelne Schülerinnen und Schüler ihre Buchbesprechungen in der Klasse bzw. in einem Leseclub vortragen können.
Die Schülerinnen und Schüler sind in mehrfacher Weise an diesem Projekt beteiligt: - Angesichts der Vielzahl benötigter Bücher ca. 130 sollen Buchvorschläge der ca. 15-16-jährigen Jugendlichen berücksichtigt werden, soweit dies unter pädagogischen Gesichtspunkten vertretbar ist. - Die Jugendlichen sollen unter Aufsicht ihrer Deutschlehrerinnen oder Deutschlehrer die Klassenbibliotheken eigenständig verwalten. - Die Jugendlichen lesen etwa alle 2 Monaten ein Buch aus ihrer Klassenbibliothek, stellen dessen Inhalt schriftlich dar und tragen ihre Buchvorstellungen je nach unterrichtlicher Möglichkeit in der Klasse bzw. einem Leseclub vor, sodass diese von den Mitschülerinnen und Mitschülern diskutiert werden können.
Das Projekt ist bei Schülerinnen und Schülern ebenso wie bei Lehrerinnenund Lehrern durchgängig auf positive Resonanz gestoßen. Es wurden pro Klasse ca. 30 Bücher angeschafft, die nun von den Jugendlichen im Wechsel gelesen werden. Zu den Lektüren werden kurze schriftliche Rezensionen verfasst. Dazu wird ihnen - über die anfängliche Konzeption des Projekts hinaus - im Stundenplan eine "Lesezeit" ausgewiesen. Etliche Schülerinnen und Schüler sind so angetan von der Lesezeit, dass sie sich neben zusätzlichen Lektüren auch englischsprachige Romane gewünscht haben.
Das Projekt hatte Auswirkungen auf alle Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I: Auch diese haben jetzt die "Lesezeit" in ihrem Studenpal, allerdings verfügen die Klassen 5-9 noch nicht über Klassenbibliotheken. Wir hoffen, diese sukzessive einrichten zu können.