Geschwister-Scholl-Gymnasium Unna
Seit vielen Jahren bieten wir am Geschwister-Scholl-Gymnasiums Unna unseren fünften Klassen den sexualpädagogische mfm-Projekttag an. Die Abkürzung "mfm" steht für "my fertility matters", was sowohl mit "Alle Angelegenheiten rund um meine Fruchtbarkeit" als auch mit "Meine Fruchtbarkeit ist wichtig!" übersetzt werden kann. Der Projekttag bildet einen bedeutenden Baustein unserer schulischen Sexualaufklärung. Dazu laden wir speziell ausgebildete Referentinnen und Referenten des mfm-Programms weitere Informationen unter www.mfm-programm.de an unsere Schule ein. In kleinen, geschlechtsgetrennten Gruppen begleiten diese unsere Schülerinnen und Schüler auf eine spielerische Entdeckungsreise durch ihren eigenen Körper. Die Mädchen erleben die "Zyklus-Show", die auf anschauliche Weise den weiblichen Zyklus verdeutlicht. Die Jungen wiederum nehmen am Workshop "Agenten auf dem Weg" teil, bei dem sie in die Rolle der Spermien schlüpfen und die Veränderungen in ihrem Körper auf dem Weg zur Mannesreife erleben. Während des gesamten Vormittags erfahren unsere Schülerinnen und Schüler in geschlechtsgetrennten Gruppen, welche körperlichen Veränderungen in der Pubertät auftreten und welchen Sinn diese Entwicklungen haben. Unsere Projekttage der letzten drei Jahre wurden bereits großzügigerweise von Ihrer Stiftung finanziert, wofür wir Ihnen nochmals unseren herzlichen Dank aussprechen möchten.
Ihr Stiftungsziel ist es, Projekte zu unterstützen, die Kinder und Jugendliche auf Übergangsphasen ihres Lebens vorbereiten. Die Reifephase von Kindern zu jungen Erwachsenen stellt zweifellos eine der prägendsten Übergangssituationen für jeden Heranwachsenden dar. In dieser Zeit erleben sie zahlreiche körperliche und seelische Veränderungen, die mit Unsicherheiten einhergehen und einer sinnvollen Einordnung bedürfen. Unsere Erfahrung zeigt, dass die mfm-Projekttage hervorragend geeignet sind, um bei dieser Einordnung zu helfen. Die mfm-Projekttage zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht nur Wissen auf der reinen Fachebene vermitteln, sondern gleichermaßen Gefühle und Fantasie ansprechen. Das Ziel besteht darin, eine positive Beziehung zu den Vorgängen im eigenen Körper herzustellen und Wertschätzung sowie Staunen für die Leistungen des eigenen Körpers zu fördern. Die Förderung eines starken Selbstwertgefühls bildet die Grundlage für einen verantwortungsvollen Umgang mit der eigenen Sexualität. Dies trägt wesentlich zur Prävention von sexueller Gewalt und ungewollten Schwangerschaften bei Am Geschwister-Scholl-Gymnasium haben wir einen hohen Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. Gerade für diese Mädchen und Jungen erweist sich der Workshop-Tag als besonders wertvoll, da in ihren Familien oft nicht über die physischen und psychischen Veränderungen in der Pubertät gesprochen wird, und Themen wie Menstruation, Ejakulation und Schwangerschaft mit Scham behaftet sind. Die Wertschätzung des eigenen Körpers und das Wissen über die körperlichen Prozesse bei Schwangerschaft sind jedoch unverzichtbar für ein selbstbestimmtes Leben und den respektvollen Umgang zwischen den Geschlechtern. Die in den Workshops vermittelten fachlichen Inhalte und Kompetenzen werden von den Biologielehrkräften in der Jahrgangsstufe 9 im Rahmen der weiteren Sexualerziehung aufgegriffen und vertieft. Nach etlichen Jahren Erfahrung mit diesem Projekt an unserer Schule können wir bestätigen, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer tatsächlich nachhaltig von diesem Tag profitieren. Sie entwickeln einen ausgesprochen positiven Zugang zu ihrem eigenen Körper und verfügen über umfassendes Wissen zu den Abläufen während der Pubertät, des weiblichen Zyklus, der Spermienreifung, Befruchtung, Schwangerschaft und Geburt.
Am Tag des Projekts wird die übliche Klassenaufteilung aufgehoben. Die Schüler verbringen den gesamten Vormittag in getrennten Gruppen von 9 bis maximal 15 Kindern, abhängig von ihrem Geschlecht. In den Gruppen der Mädchen hat eine Referentin den Raum bereits mit farbenfrohen Materialien gestaltet. Auf dem Boden sind Tücher und andere Materialien arrangiert, die die inneren weiblichen Geschlechtsorgane darstellen. Die Mädchen gruppieren sich darum herum, umgeben von Decken und Kissen. Bei den Jungen geht es etwas weniger materialaufwändig, aber nicht weniger liebevoll zu: Sie versetzen sich in einem Rollenspiel in "Spezialagenten", die Spermien, deren Aufgabe nichts Geringeres ist, als das Überleben der Menschheit zu sichern. In diesem Prozess lernen sie die verschiedenen Organe ihres männlichen Körpers kennen. Während ihrer abenteuerlichen Reise durch verschiedene Stationen im "Land des Lebens", dem Körper der Frau, erfahren sie im zweiten Workshopteil dann auf anschauliche Weise, wie ein neuer Mensch entsteht. Hierbei wird das Thema ohne Peinlichkeit und theoretische Trockenheit behandelt. Die Jungen gewinnen ein Verständnis dafür, warum Mädchen einen Zyklus und Menstruation haben. Im dritten Teil des Workshops, dem "Happy man", erfahren sie, wie sich ihr Körper in der Pubertät verändert. Das Thema wird in ernsthaften, aber auch spaßigen Gesprächen altersgerecht und respektvoll behandelt, um den Jungen zu vermitteln: "Was in mir geschieht, ist wirklich faszinierend!" Auch bei den Mädchen ist der Projekttag in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil der "Zyklusshow" erfahren sie, wie aus einer Spermienzelle und einer Eizelle neues Leben entsteht. Dabei wird gezeigt, wie die "Bühne des Lebens" die inneren weiblichen Geschlechtsorgane von den "Frühlingsboten" FSH, den "Östrogen-Freundinnen" und dem "Progesteron-Team" auf das "große Finale", nämlich die Schwangerschaft und Geburt eines Kindes, vorbereitet wird. Am Ende wird mit einer Puppe auch die Geburt symbolisiert. Im zweiten Teil des Workshops, steht der eigene Körper der Mädchen im Mittelpunkt. In einem Rollenspiel schlüpfen die Mädchen in die Rolle der Hormone und erleben, wie die Östrogene sie in der Pubertät in Frauen verwandeln. Sie erkennen, dass ihr Körper in jedem Zyklus "Luxussuiten" für eine mögliche befruchtete Eizelle vorbereitet. Wenn diese nicht kommt, werden die ungenutzten "Luxussuiten" als Zeichen des Überflusses in Form der Menstruationsblutung ausgeschieden. Dabei entschlüsseln die Mädchen die verschiedenen Signale ihres Körpers, wie den Weißfluss und den Zervixschleim, und werden auf ihre erste Menstruation vorbereitet. Im letzten Teil des Projekttages geht es um die Menstruation selbst, mögliche Ängste und Sorgen sowie die erforderliche Hygiene und Hygieneprodukte. Das ausführliche Gespräch bereitet die Mädchen auf ihre oft noch bevorstehende erste Menstruation vor, vermittelt Selbstvertrauen und stärkt ihren Stolz, Frauen zu werden. An diesem Projekttag haben die Mädchen den weiblichen Zyklus nicht als etwas Mysteriöses, Furchteinflößendes oder Schmerzhaftes kennengelernt, sondern als ein beeindruckendes Geschehen, welches Frauen befähigt, neues Leben hervorzubringen.
"Es war richtig toll! Die Mädchen meiner Klasse wurden genau da abgeholt, wo sie waren mit ihren Fragen. Und die liebevollen Materialien, mit denen die Vorgänge im weiblichen Körper veranschaulicht werden, haben mich einfach nur begeistert!" So fasst Frau Dietrich, die Klassenlehrerin, ihre Beobachtungen des Mädchenworkshops zusammen. "Die Mädchen haben die ruhige, kuschelige Atmosphäre sehr genossen. Und bei den Jungen ging es sportlich zur Sache, ihre Entdeckerfreude und ihr Bewegungsdrang wurden bei all dem Input zu dem, was in ihrem Körper in der Pubertät geschieht, genutzt und eingebunden," ergänzt Frau Ruch, Klassenleitung und Biologielehrerin der Parallelklasse. Kinder und Lehrkräfte blicken dankbar zurück auf den mfm-Workshop, der die Fünftklässler für einen Tag in kleine Jungen- und Mädchengruppen trennte. In diesem geschützten Rahmen konnten sie ihre Fragen und Unsicherheiten aussprechen: Irgendwie verändert sich grad so vieles an meinem Körper… Warum bin ich mal so richtig gut drauf - und dann kurz danach so richtig "down"? Was ist das für ein komisches Zeug in meiner Unterhose? Was mache ich, wenn mich meine erste Blutung mitten im Unterricht überrascht? Wann bin ich endlich ein "ganzer Mann" - und was soll das eigentlich heißen?
Das mehrfache ausgezeichnete pädagogische Konzept des Workshoptages setzt an den unterschiedlichen Interessen und Fragen der Jungen und Mädchen an. Ziel ist es, durch wertschätzende Sprache, vielfältige, anschauliche Materialien und positiv besetzte Vergleiche die sich fremd anfühlenden und verunsichernden Prozesse im eigenen Körper während der Pubertät als staunenswerte Vorgänge zu betrachten. Sie dienen dazu, neues Leben hervorbringen können! Ein Vergleich, der viele Mädchen beeindruckt hat, war die "Zyklusfadengeschichte": Hier geht es um aufwändige Vorbereitungen für einen besonderen Übernachtungsgast. Der Manager von Ariana Grande kündigt ihr mögliches Kommen an, die Mädchen bereiten ein teures Buffett vor, dekorieren, die Party kann steigen - aber dann sagt der Star eben doch kurzfristig ab. Egal, gefeiert wird trotzdem, am Ende muss aber alles aufgeräumt werden: das ist dann die monatliche Blutung. Positiv besetzt und verständlich erklärt. Auch die Jungen lernen in ihrem Workshop die Hygieneartikel der Mädchen kennen, so dass ein Verständnis für die Belange des anderen Geschlechts geschaffen wird. Mit viel Spaß wird so manche Angst abgebaut und Peinlichkeiten vorgebeugt.
Schüler*innen, Eltern und Kolleg*innen der GSG-Schulgemeinde danken dem Bildungsprojekt "Von klein auf" der Gelsenwasser Stiftung für die Finanzierung dieser Projekttage 2024!