Familienzentrum Arche
Unser Familienzentrum Arche ist eingebettet in das Heilpädagogische Zentrum vom Diakonischen Werk im Kirchenkreis Recklinghausen. Bei uns spielen, lernen und kommunizieren Kinder mit und ohne Behinderung. "Guck mal, das ist kaputt gegangen!" Mit diesem fast alltäglichen Satz stehen zwei Kinder vor mir. Die Kinder sind betroffen, manchmal traurig, sauer oder sogar wütend. Jetzt können sie das Teil nicht mehr benutzen, doch muss man es wegwerfen? So entstand die Idee der Installation einer Reparatur-Werkstatt für und mit Kindern. Es ist nachhaltig Dinge zu reparieren. Gemeinsam mit den Kindern möchte ich dieses durch besondere Ausstattungswerkzeuge der Werkstatt erreichen. Vorrangig werden hier Kleber, Zwingen, Akkuschrauber und Hammer benötigt. Durch das gemeinsame Reparieren erhalten Kinder ein Verständnis dafür, dass nicht sofort immer alles weggeschmissen werden muss, wenn etwas kaputt geht. Oftmals können wir es reparieren. Das Kind muss sich nicht schämen oder die Gegenstände heimlich wegwerfen. Wir setzen die Rahmenbedingungen, damit die Kinder ihre Sachkompetenz diesbezüglich erweitern. Sie können lernen sorgsamer mit Dingen umzugehen und die Wertschätzung steigt. Konzeptionell angedacht ist auch ein Experten-Führerschein bei dem die Handhabung der Werkzeuge vermittelt werden kann. "Wann können wir wieder schnitzen?" Im Herbst 2022 haben Kinder angefangen, draußen am Tisch in kleiner Gruppe zu schnitzen. Der Andrang war groß: schnitzende Kinder waren überaus ausdauernd mit ihren Stöcken, andere Kinder warteten geduldig bis sie an der Reihe waren und dabei wurde sich munter unterhalten. Interessanterweise finden auch Kinder, die nicht gerne malen oder Schwierigkeiten haben einen Stift krampffrei zu halten, Spaß an diesem Angebot. Gezielt können Vorschulkinder, die dieses Verhalten zeigen, so einen neuen Zugang bekommen. Ihre Feinmotorik kann sich deutlich verbessern. Kinder lernen konzentriert zu arbeiten, denn sie haben ein echtes Werkzeug in der Hand, mit dem man sich verletzen kann. Beim Warten wird beobachtet, wie die anderen Kinder arbeiten und davon automatisch gelernt. Bei Erläuterungen zu Werkzeugen und deren Handhabung muss zugehört werden, denn sonst funktioniert es nicht richtig. Auch das können Kinder durch das Erleben lernen. Dies alles sind nur einige Kernkompetenzen, die das Lernen in der Schule erleichtern. Neben dem Schnitzen mit einem Messer möchte ich andere Schnitzwerkzeuge anbieten. Darüber hinaus sollen die Kinder weitere Möglichkeiten, wie z.B. das Sägen, Bohren, Schleifen und Drechseln ausprobieren können. Dieses kann manuell oder mit elektrischen Werkzeugen, die extra für Kita-Kids sind, geübt werden. Die Kinder sollen ihre eigene Fantasie ausleben, indem sie sich selbst überlegen, was sie herstellen möchten und wie sie vorgehen wollen. Frustrationstolleranz wird geübt, wenn etwas mal nicht wie gedacht funktioniert und es muss umgeplant werden. Natürlich wollen wir ihnen Hilfestellung dabei geben. Fertige Produkte können in der Kita ausgestellt werden, damit andere Kinder sowie Eltern diese bestaunen können. Somit erhalten die Kindern eine positive Wertschätzung und ihr Selbstwertgefühl kann steigen. Gemeinsame Projekte wie der Bau einer Kugelbahn oder Vogelhäuser und Futterstellen sind umsetzbar. Es können projektbezogene Kleingruppen gebildet werden, um gezielt Kinder in Kontakt zu bringen, die ansonsten wenig Berührungspunkte haben. Herkunft und Sprachbarrieren spielen keine Rolle, denn jeder bringt seine Fähigkeiten ein und gegenseitiges Helfen steht im Vordergrund. Dies stärkt das Gemeinschaftsgefühl einer Kleingruppe und Inklusion ist möglich. Natürlich erhält die Kita dadurch auch sinnvolle und brauchbare Gegenstände. Darüber hinaus wäre für unsere Blumenwiese im angrenzenden Hospiz, mit dem wir eine Kooperation haben, ein Insektenhotel super. Im, an die Kita angrenzenden, brachliegenden Grundstück gibt es viele Büsche und wildwachsende Bäume. Teilweise können die Kinder hier selbst ihr Rohmaterial suchen. Um dieses nutzbar zu machen, werden Rosen- und Astschere benötigt. Wie schön wäre es, wenn wir nicht nur Dinge reparieren könnten, sondern eine richtige mobile Holzwerkstatt hätten, um dieses Angebot auszubauen, zu erweitern und Kinder gezielt fördern zu können! Die Werkbänke rollbar zu machen und das benötigte Material in passende Kisten auf ein Rollbrett zu stellen, ermöglicht eine maximale Flexibilität und größtmögliche Nutzbarkeit. Bei schönem Wetter sind wir mobil und können alles unkompliziert nach draußen rollen. Für wen ist das Projekt geeignet? Grundsätzlich für alle Kinder unserer Einrichtung ab einem Alter von ca. 3 Jahren Kinder, ab einem Alter von 3 Jahren können schon einfache Arbeitsgänge nach Einweisung erledigen und wunderbare Ergebnisse erzielen. Kindern im Vorschulalter ist es zuzutrauen auch einen normalen Akkuschrauber zu bedienen. Vorrangig möchte ich Kinder mit Sprachbarrieren fördern. Durch das gemeinsame Arbeiten in Kleingruppen kommen sie leicht miteinander ins Gespräch. Ein weiteres Augenmerk möchte ich auf Kinder legen, die feinmotorische Schwierigkeiten haben. Des Weiteren auf die Vorschulkinder, um einige Kernkompetenzen zu verbessern, die für die Schule notwendig sind. Neben der Konzentration, der Feinmotorik und der Hand-Auge-Koordination im Besonderen die sozialen Kompetenzen und die mathematischen Kenntnisse.
Wertschätzung gegenüber Dingen lernen Nachhaltigkeit kennenlernen durch das Reparieren Naturerfahrungen ermöglichen Holz als Natürlicher Rohstoff, sammeln Mathematische Kenntnisse erlangen Messen, Winkel, Wasserwaage, Plan machen, Skizze Wissensvermittlung Werkstoffkunde, Werkzeugkunde Selbstwertgefühl stärken, sich ausprobieren können, voneinander lernen Sprachbarrieren abbauen, sprachliche Kompetenz gewinnen Feinmotorik und Hand-Auge-Koordination verbessern, gezielte Kraft ausüben Soziale Kompetenz erweitern Zusehen, Zuhören, Warten, Frusttrationstolleranz, gemeinsames Schaffen, Wir-Gefühl
Diese Werkstatt richtet sich nach den Interessen und Entwicklungsständen der teilnehmenden Kinder. Unser Familienzentrum Arche hat ein offenes Konzept, d.h. die Kinder können sich selbst überlegen, an welchen Angeboten sie teilnehmen bzw. in welchen Räumen sie sich aufhalten, oder ob sie nach draußen gehen. Es gibt viele Projektangebote, die Kinder wahrnehmen können. Eine mobile Werkstatt ist zeitlich unbegrenzt nutzbar, es gibt keinen generellen Projektzeitraum. Wir werden kurze spontane Angebote anbieten, wo die Kinder sich überlegen können, was sie machen möchten und welches Werkzeug sie benutzen wollen. Natürlich braucht es für die einzelnen Werkzeuge eine Einweisung, die aber auch durch Kinder erfolgen kann, die ein Werkzeug schon beherrschen. Kleingruppenprojekte können inhaltlich von den Kindern gestaltet werden. Meine Idee einer Murmelbahn ist entstanden, weil viele Kinder unserer Einrichtung gerne durch Pappröhren Kastanien rollen lassen. Diese kann gebaut werden, die Kinder können aber gemeinsam auch ganz andere Dinge bauen. Das Reparieren von Gegenständen richtet sich natürlicherweise auch an den Dingen, die den Kindern kaputt gehen.
"Mobile Holz- und Reparaturwerkstatt"
in dem Familienzentrum Arche des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis Recklinghausen
Kindernasen kleben neugierig an der Glastür, die noch verschlossen ist, aber erkennen lässt, dass hier etwas Neues entsteht. Manchmal dürfen einige Kids in den fast leeren Raum, reißen begeistert große Pakete auf und entdecken Hölzer. Diese werden dann mühevoll zusammengeschraubt. Ein etwas komischer Tisch entsteht. "Da sind so Dinger dran, die man drehen kann und dann geht das zu", beschreibt ein Kind den neu entstandenen Werktisch mit Schraubstöcken.
"Was ist das?" "Was soll das?" "Wann dürfen wir endlich wieder hier rein?" "Was machen wir dann?" Leider müssen sich die Kinder noch gedulden, denn einige Teile haben längere Lieferzeiten und die Elektrik muss für den Außenbereich sicher montiert werden. Im Oktober kann es endlich losgehen. Der erste seltsame Tisch wird nach Draußen gerollt. Balken werden in den Schraubstöcken fest eingespannt. Jeweils vier Kinder können gleichzeitig Nägel in die Balken hämmern, dicht umringt von vielen beobachtenden Kindern. Sobald es trocken ist, rollen wir die Werkbank wieder raus und weiter geht es, bis jedes Kind, welches möchte, genagelt hat. Die Drei- und Vierjährigen benötigen Hilfe, denn es ist wirklich schwierig den Nagel mit nur einer Hand festzuhalten und gleichzeitig mit der anderen Hand mit dem Hammer zu hauen.
Viele ältere Kinder beginnen zaghaft und wenn es ihnen gelingt, dass der Nagel allein im Balken hält, werden sie mutiger und hauen fester. Zu Mutige hauen sich auf den Finger und werden vorsichtiger, unkonzentrierte hauen daneben und werden konzentrierter. Jedes Kind bekommt seine angemessene Zeit, dass erfordert Respekt und Geduld bei den Wartenden. Stolz und mit leuchtenden Augen zeigen die Kinder sich gegenseitig ihre geschlagenen Nägel.
Kinder mit Einschränkungen sind genauso begeistert. Ein Mädchen, welches mit einer Gehhilfe laufen kann, schafft es den kleinen Kinderhammer zu halten und zielt super auf die Nägel. Ein Junge mit Autismus Spektrum hämmert gleich mehrere Nägel kraftvoll in den Balken, Kinder mit Seheinschränkungen haben besonders große Schwierigkeiten aber selbst, wenn sie andere Nägel weiter reinschlagen, ist das für alle okay.
Dankbarerweise dürfen wir den kleinen Nebenraum des Bau- und Konstruktionsbereiches nutzen, der jetzt offizielle Werkstatt für die Kinder ist. Im November beginnen wir mit den neuen Maschinen, mit denen die Kinder z.B. drechseln können. Gesammelte Holzstöcke werden abgemessen, auf die richtige Länge gesägt und eingespannt. Dann schaltet ein Kind sich seine Maschine an und hält vorsichtig das Drechselwerkzeug an das Holz. Kleine Holzspäne fallen auf den Tisch und Riefen entstehen im Holz. Beeindruckt und begeistert beobachten und arbeiten die Kinder in kleinen Gruppen. Sie riechen das Holz, fühlen die flauschigen Späne, das bei der Arbeit wärmer werdende Drechselwerkzeug, das erst raue Holz und das nach dem Schleifen glatte Holz. Sie erleben mit wieviel Kraft und Geschicklichkeit eine Säge zu bedienen ist. Es ist unglaublich schön zu sehen, wie sie in Teams arbeiten, sich gegenseitig Mut zusprechen und helfen. Dabei spielt das Alter und ihr Entwicklungsstand keine Rolle. Sprachliche Hürden werden im gemeinsamen Tun leicht überwunden und wir beobachten, dass hier Kinder gemeinsam Spaß an der Sache haben und in den Hintergrund tritt, mit wem sie zusammenarbeiten.