Übergang vom Konstruieren zum Kennenlernen von physikalischen, technischen und mathematischen Gesetzmäßigkeiten (Projekt des Monats November 2022)

Ansprechpartner:

Frau Verstege

Institution:

Ev. Fliedner Kindergarten

  • Weidenstr., 48
    45739 Oer-Erkenschwick

Beschreibung und Ziele:

Unsere Kita hat sich im Sommer 2021 auf den Weg gemacht und sich mit einer veränderten pädagogischen Konzeption neu aufgestellt. Oberstes Ziel ist es die Bildungsangebote für die Kinder möglichst vielfältig, altersspezifisch und interessant auszurichten. Dabei haben wir uns für das Werkstattkonzept entschieden. D.h. in den unterschiedlichen Räumen finden die Kinder themenzentriert und auf die Bildungsbereiche zugeschnittene Materialen und Angebote vor. Ziel ist es Spiel- und Entwicklungsräume zu eröffnen für die Lern- und Bildungsprozesse der Kinder, die sich an den Tätigkeiten des einzelnen Kindes orientieren und die kindlichen Grundbedürfnisse berücksichtigen. Ein wichtiger Bildungsbereich ist hier das Bauen und Konstruieren. Hier können die Kinder Lernerfahrungen in den Bereichen Motorik, Kreativität und Fantasie, soziale Kompetenz im gemeinsamen Tun, logisches Denken, Farb- und Formenlehre, Wahrnehmung und sprachlicher Austausch machen. Im Bauraum sind die Themen Bauen und Konstruieren so verankert, dass Mädchen und Jungen Facetten aus Logik und Mathematik Mengen, räumliches Denken und Dimensionen erfahren. Dabei kann man im pädagogischen Alltag immer wieder Kinder beobachten, die sehr konzentriert bauen. Deshalb verwundert es nicht, wenn sich in verschiedenen Untersuchungen das Bau- und Konstruktionsspiel im Kindergarten als bedeutender Erklärungsfaktor für Aufmerksamkeit, Arbeitshaltung und Selbständigkeit beim Lernen ist. Im Spiel mit den Gegenständen erwerben die Kinder vielfältiges Wissen: Sie relativieren zwischen groß-klein, eng-weit, machen räumliche Zuordnungen wie innen-außen, vorn-hinten, über-unter und erwerben Begriffe von Gegenstandsklassen wie Klötze, Kegel oder Stangen. Grundlegende Gesetze der Statik erfahren die Kinder, wenn sie mit unterschiedlichen Materialien Häuser oder Türme bauen. Sie erfahren, dass es nicht egal ist, ob sie rechtwinklige Holzbausteine, runde Steine oder weiche Schaumstoffblöcke stapeln. Das Material mit seiner Oberflächenbeschaffenheit, seiner Form und seinem Gewicht eröffnet jeweils spezifische Lösungen. Kinder erfahren auch, dass die Umgebung "mitspielt". So kann etwa ein weicher Untergrund oder der Wind erheblichen Einfluss auf das Baugeschehen nehmen. In ihrem Spiel erfassen Kinder derartige physikalische Gesetzmäßigkeiten intuitiv und handeln entsprechend. Dieses Wissen über Kräfte, Geschwindigkeiten, Massen oder Hebelgesetze wird mit dem Körper erfasst und lässt sich mit keinem noch so guten Computerspiel begreifen. Kinder haben große Lust und viele kreative Ideen, die reale Welt, die sie umgibt, nachzuspielen. Der Schwerpunktbereich Bauen und Konstruieren bietet eine Fülle von Möglichkeiten, diese "Welt" mit Kinderaugen zu erschaffen. Voraussetzung dafür ist eine entsprechend große Baufläche und ein übersichtliches, bewusst ausgewähltes Materialangebot, das dem Entwicklungsstand der Kinder entspricht. Bauen wie Gestalten erfordern, gleichermaßen feinmotorische Geschicklichkeit, und umgekehrt entfaltet sich die Feinmotorik, indem man baut, zeichnet, modelliert. Im Gegensatz zu den Bewegungen, die den gesamten Körper in Anspruch nehmen und als "Grobmotorik" bezeichnet werden, wird die feinmotorische Bewegung nur von einzelnen Körperpartien ausgeführt, insbesondere von den Händen. Ein ausreichender Stand der grobmotorischen Beweglichkeit gilt als Voraussetzung für die Ausbildung einer differenzierten Feinmotorik. Die für den späteren Schreiberwerb in der Schule unabdingbar ist. Aus der Gestaltungstätigkeit beim Bauen und Konstruieren in der Kindheit erwächst für viele Menschen eine lebenslange Lust, die sich lediglich neue Ausdruckformen sucht. Die Buden, Höhlen und Türme der Kinder werden später zu Häusern, Brücken und Straßen - eben alles etwas größer. Bauen und Konstruieren beinhaltet elementare naturwissenschaftliche, technische und mathematische Bildungsprozesse. Naturwissenschaftliche Bildung umfasst neben der belebten Natur auch die unbelebte Natur z. B. physikalische Phänomene, wie Gleichgewicht, Stabilität, Reibung, Trägheit. Beim Bauen und Konstruieren erkunden die Kinder diese unbelebte Natur und erleben physikalische Gesetzmäßigkeiten. So erfahren sie, dass je nach Oberflächenbeschaffenheit, Form und Gewicht des Materials spezifische Lösungen verlangt werden, um ein stabiles Bauwerk zu konstruieren. So macht es im Turmbau einen Unterschied, "ob sie rechtwinklige Holzbausteine, runde Steine oder weiche Schaumstoffblöcke stapeln. Physikalische Prinzipien wie Gleichgewicht, Reibung, Trägheit, Beschleunigung oder auch das Hebelprinzip werden beim Bauen und Konstruieren erprobt. Beim Bauen und Konstruieren werden Feinmotorik und Auge-Hand-Koordination ebenso wie Geduld, Ausdauer und Präzession geschult, die kindliche Neugierde wird geweckt bzw. wachgehalten, Wissbegierde und Forscherdrang werden aktiviert. Und nicht zuletzt lernt das Kind seine Misserfolge zu überwinden.

Ziele: Die Kinder haben eine natürliche Neugier, mit der sie sich ganz ungezwungen und voll Freude Wissen aneignen können. Dazu müssen sie vielfältige eigene Erfahrungen machen, um ihre Welt zu verstehen. Ihre Welt ist das Leben in ihrer Umgebung mit all seinen wichtigen Fragen nach Ursache, Wirkung und Zusammenhängen. Dabei kommt es nicht auf die Menge des Wissens an, sondern darauf, wie viel von dem erworbenen Wissen angewendet, gespeichert und auf andere Bereiche übertragen werden kann.  kennenlernen von physikalischen, technischen, mathematischen Gesetzmäßigkeiten  Erfahrungen sammeln mit bauphysikalischen Gesetzen der Statik  mechanische Abläufe schrauben, stapeln, stecken, rollen kennenlernen  naturwissenschaftliche Zusammenhänge wie Schwerkraft, Fliehkraft, Trägheitsgesetz, usw. konkret erfahrbar zu machen

Wie wurden die Kinder in das Projekt eingebunden?

Wie werden die Kinder eingebunden: Im pädagogischen Alltag ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten Konstruktionsprinzipien kennen zu lernen, etwa wenn mit unterschiedlichen groß- und kleinflächigen Bausteinen, Alltags- oder Baumarktmaterialien gebaut wird. Abhängig vom Entwicklungsalter der Kinder entstehen dabei einfache Verbindungen bis hin zu komplexen Bauten mit unterschiedlichen Verbindungstechniken. Im Kindergarten entstehen Bauten wie Mauern, Häuser oder Brücken. Die Kinder haben einen unbegrenzten Zugang zu der Räumlichkeit und den Materialien. Die pädagogische Fachperson begleitet diesen Prozess. Sie ist im Bau- und Konstruktionsbereich für die Kinder verfügbar und in der Interaktion wertschätzend, sie unterstützt situativ die Bauvorhaben der Kinder, ohne die Kinder in ihren Bautätigkeiten zu stören oder mögliche Lernerfahrungen vorwegzunehmen. Vielmehr regt sie forschende und entdeckende Lernprozesse an, indem sie Kinder zu eigenen Vermutungen auffordert z. B. "Was meinst du, warum der Turm immer umfällt?" oder mit den Kindern das Problem weiter präzisiert. Dabei greift sie situativ angemessen auch technische, naturwissenschaftliche bzw. mathematische Fragen und Problemstellungen auf. Dabei muss allerdings nicht immer ein fertiges Produkt als Ergebnis oder Ziel des Prozesses erwartet werden. Für Kinder ist der Prozess des Bauens und Konstruierens ebenso von Bedeutung. Vor allem die Erkenntnis, dass unterschiedliche Umsetzungsideen zum Ziel führen und es nicht den einen richtigen Lösungsweg gibt, sind wichtige Lernerfahrungen. Anhand verschie¬dens-ter Konstruk¬ti¬ons¬ma¬te¬ria¬li¬en und Anregungen über Fotos, Plakate, Bilderbücher, sowie Erlebtem aus der unmit¬tel¬ba¬ren Welt des Kindes gestalten sich die Kinder ihre Welt. Sie konstru¬ie¬ren und bauen und machen dabei Fehler. Durch Versuch und Irrtum, Austausch unter¬ein¬an¬der und Impulse der Fachkraft lernen sie Gedanken und Ideen von Materia¬lien sichtbar zu machen. Mit Fotos von Bauwerken aus aller Welt und deren Konstruk¬teu¬ren erweitern wir den Erleb¬nis¬ho¬ri-zont der Kinder und regen über das Gespräch zum Nachdenken und philo¬so¬phie-ren an. Je vielfältiger und anregender das Angebot an Materialien ausfallen wird, desto einfallsreicher werden die Kinder damit umgehen und desto besser werden sich ihre handwerklichen Fertigkeiten und ihre Ausdauer ausbilden. Wissensvermittlung nicht nur aus zweiter Hand über Augen und Ohren zu schaffen, sondern die Kinder anzuregen, ihr eigener Forscher zu sein, ist unser Anliegen. Wir möchten sehr gerne unser Materialangebot deutlich erweitern und aufstocken, um alle Möglichkeiten eines "Bauerlebnisses" für die Kinder auszuschöpfen.

Rückblick:

Die Materialien sind ins Spiel der Kinder integriert worden.
Zunächst wurde eine Geschichte erzählt, um die Kinder neugierig auf das Material: Spiniflex Cluster zu machen. Nachdem das Material ausgepackt worden ist, begannen die Kleingruppe von 6 Kindern das Material zu erproben. Die unterschiedlichen Steine steckten sie ineinander und schnell entwickelte sich eine Geschicklichkeit, um großflächig zu bauen. 2 Kinder entdecken, dass die Steine stabiler wurden, indem dieser ineinander gesteckt wurden. So entstanden komplexe Bauten. Das gemeinsame Tun ermutigte die Kinder über das Gebaute Vermutungen auszusprechen, wie stabil es sein würde, ob man sich darauf setzten oder stellen könne. Diese Möglichkeiten besprachen sie untereinander und entwickelten Techniken es herauszufinden.
Die komplexen Bauten sind mit bereits vorhandenen Materialien, wie Holzstangen, große Pappröhren und Kappla Steinen erweitert worden.
Durch das großflächige Konstruieren ersteckte sich das Gebaute durch den Gruppenraum. Um in die Höhe zu bauen, wurden Stühle und Trittleitern dazu genommen.
Die Würfel bereiten den Kindern große Freude. Diese werden gestapelt oder in Reihe aufgebaut. Die Kinder erlernen den Zahlenraum von 1-6, welcher durch die Anzahl der Augen auf dem Würfel kommt.
Im Spiel versuchen die Kinder immer wieder Reihenfolgen zu legen: nur 1 oder 123, oder 1-6. Durch diese wiederkehrenden Aufzählungen prägt sich das mathematische Denken ein.
Kinder nutzen ebenfalls die Glasnuggets und Bausteine mit Glitzer um ihren Bauwerken eine besondere Ausstattung zu geben. Die Geschmacksbildung prägt sich aus. Tücher und Elfen ergänzen diese Momente und Kinder verwandeln das Spiel in phantasievolle Geschichten, z.B. das Elfenland.
Mit den Megaformers entwickeln unsere Kinder Bauweisen, die vom " Zusammenhalten" geprägt sind. Sie erfahren, dass diese magnetische Teile sich hervorragend schnell in Türme, Autos oder abstrakte Gebilde verwandeln lassen. Durch Experimentieren mit den Magneten entdecken Kinder ihren Gruppenraum und stellen fest, dass es Dinge gibt, die im Gruppenraum magnetisch sind.

Durch regelmäßiges Dokumentieren an den sprechenden Wänden in der Einrichtung, erhielten Eltern einen Einblick in das aktuelle Entwicklungsgeschehen ihres Kinder. Die Kinder erzählen von ihrem Tun und verinnerlichen so auf vielfältige Weise Baustrukturen, Zusammenhänge, Logik, Fantasie, Farb- und Formenlehre und Sprache.
All diese Materialien werden von den Kindern mit bereits vorhandenen Material wie: Papprollen, Naturmaterialien, Tüchern und Autos kombiniert.
Die motorischen Fertigkeiten werden täglich neu weiterentwickelt, der Forscherdrang weckt Neugierde und zugleich auch Konzentration.
Es ist schön zu sehen, dass sich die Kinder auf ihren Kindergartenalltag freuen und gerne die Kita besuchen. Dieses spielgelt sich in unserem Konzept der offenen Arbeit wieder. Die Elternschaft unterstützt diesen Ansatz mit, indem das Vertrauen dem Team entgegen gebracht wird.
Die Kompetenzen ihrer Kinder können sich im Bau - und Konstruktionsbereich positiv entwickeln und die Kinder werden zu selbstständig denken Menschen.
Es macht große Freude, als Erzieherin, die Kinder in ihren Interaktionen wertschätzend zu unterstützen und durch vielfältige Materialanregungen die Bildungsprozesse zu begleiten.