St. Marienschule, Grundschule
Unser langjähriges Schulprojekt "Kinder stark machen" setzt sich aus mehreren Bausteinen zusammen, wie z.B. interaktive Theaterstücke der Osnabrücker Theaterwerkstatt "Die große Nein-Tonne" für Erst- und Zweitklässler, "Mein Körper gehört mir" für Viertklässler, "Helden bitte melden" als einjähriges Projekt für alle Schüler mit dem Pantomimen und Theaterpädagogen Peter Paul, Streitschlichterausbildung in Klasse 3 und -einsatz in Klasse 4, soziales Gruppenangebot mit freizeitpädagogischer Ausrichtung für Dritt- und Viertklässler in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und dem Martinistift Nottuln. Als weitere Bausteine der kontinuierlichen Weiterarbeit am Thema kamen im Jahre 2015, 2017 und 2019 die Selbstbehauptungskurse für Mädchen und Jungen der 2. und 3. Klassen dazu, unterstützt durch die Gelsenwasser-Stiftung. Hier wurden die Schülerinnen und Schüler frühzeitig bei der Entdeckung ihrer Stärken zu unterstützt, um sie stark und selbstbewusst zu machen und sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen. Dieses Konzept haben wir im Jahre 2021 bewusst geändert und überlegt, erst die Viertklässler an der Selbstbehauptung, aber auch an den gemeinsamen intensiven Gesprächskreisen teilnehmen zu lassen. Besonders mit Blick auf den im Anschluss an Klasse 4 anstehenden Schulwechsel und den Übergang in die 5. Klasse ist dies von besonderer Bedeutung. Die Schülerinnen und Schüler gehen als 'die Großen' und sind nach den Sommerferien plötzlich wieder 'die Kleinsten'. Neue Mitschüler, neue Lehrer, ein neues, deutlich größeres und unbekanntes Schulgebäude erwarten sie. Die bekannten Freunde aus der Grundschule besuchen vielleicht sogar andere Schulen. Dieser Übergang zur weiterführenden Schule und die damit einhergehende Einfindung in eine neue Situation und einen neuen Alltag erfordern ein gesundes und gestärktes Selbstbewusstsein. Auch die immer neuen Anforderungen und die ungewissen Situationen in Corona-Zeiten haben unsere Kinder noch zusätzlich verunsichert. Es hat sich bewährt, dass die Selbstbehauptungskurse im vertrauten Umfeld des Klassenverbands allerdings Jungen und Mädchen getrennt von fachlich versierten und anerkannten TrainerInnen / PädagogInnen durchgeführt werden Mädchenkurse über Mitarbeiterinnen des Kinderschutzbundes im Kreis Coesfeld, Jungenkurse über Gewaltakademie Villigst.
Mädchenkurse: In dem von uns geplantem Kurs kommen die Mädchen in Kontakt mit ihren Fähigkeiten und Stärken, um sie neu zu entdecken, oder um sie wieder für sich nutzbar zu machen. Sie lernen und erproben, wie sie sich im Alltag durchsetzen können, wie sie sich mit ihren eigenen Ressourcen - mit Stimme, Mimik und Gestik - angemessen behaupten können. Sie lernen sich in Situationen adäquat zur Wehr zu setzen. Dies schließt neben vielen Übungen der Selbstbehauptung auch einfache und effektive Techniken der Selbstverteidigung mit ein. Ziel ist es, die Mädchen darin zu stärken, ihre Gefühle und Bedürfnisse wahr und ernst zu nehmen. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass sie sich selbst und Situationen besser einschätzen können und so spezifisch handeln, falls es zu einer unangenehmen oder bedrohlichen Situation kommt. Das Konzept der Jungenkurse setzt anders an: In diesem Kurs bekommen die Jungen die Möglichkeit, in spielerischer Form miteinander die Kräfte zu messen und in verschiedenen Übungssequenzen ihre Körperwahrnehmung zu schulen. Sich selber im Kontakt mit dem Gegenüber zu spüren, stärkt bei den Jungen das Vertrauen zu sich selbst, hilft ihnen neue Ausdrucksformen für die eigenen Gefühle zu finden, sich der eigenen Grenzen klarer zu werden und diese nach außen zu vertreten. Sie erkennen dabei, dass es schön ist, respektiert und geachtet zu werden ohne Angst zu verbreiten. Sie lernen, sich mit Fairness zu begegnen, den Sinn von Regeln zu erkennen und Fürsorge für sich selbst zu entwickeln. Die Kategorien Sieg oder Niederlage haben in diesem Kurs keine Bedeutung. Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt beider Kursreihen sind die intensiven Gespräche innerhalb der vertrauten Gruppen, bei denen die Kinder üben, über sich selbst zu reden, Befindlichkeiten zu äußern und Gefühle zu reflektieren. Auch Kinder mit anderer Muttersprache können daran teilhaben, legen Hemmungen ab und erweitern ihren aktiven und passiven Wortschatz durch Reden, aber auch beim Zuhören. Zudem machen diese Gespräche mit dem speziellen Vokabular alle SchülerInnen fit für die in Eigenregie basisdemokratisch durchgeführten Sitzungen des Klassenrates, des Schülerparlaments und der Ausübung der Streitschlichter-Aufgaben.
Die Schüler nehmen als Zielgruppe aktiv handelnd an den Kursen teil. Die Umsetzung erfolgt durch praktische Übungen und gegenseitiges Lernen und Erfahren, bei dem sie außerdem für ihr Handeln und somit die Interaktion innerhalb der vertrauten Gruppe selbst verantwortlich sind und lernen, ihre Erfahrungen im intensiven Gespräch zu reflektieren. Jedes einzelne Kind ist daher in besonderem Maße am Erfolg der Übungen beteiligt und stärkt somit auch sein Selbstbild.
St. Marienschule Appelhülsen, im November 2022
Projekt Selbstbehauptung:
"Starke Kinder - selbstbewusst und selbstsicher zur weiterführenden Schule"
Abschlussbericht / Dokumentation der Projektergebnisse
Der Corona-Lockdown und die weiteren damit verbundenen Probleme im sozialen Miteinander sind gerade in diesem Viertklässler-Jahrgang noch lange nicht überwunden und immer noch spürbar. Und so brachten die Selbstbehauptungskurse ganz besondere Erfolge zur Festigung der Beziehungen untereinander und zur besonderen Stärkung des Selbstsicherheit im Hinblick auf den Übergang zur weiterführenden Schule.
Die Kurse fanden in kleinen, vertrauten Gruppen, getrennt nach Jungen und Mädchen, innerhalb der Klassen statt. Dabei wechselten schnelle, schweißtreibende Tobephasen ab mit ruhigeren Momenten und sehr intensiven Gesprächsrunden.
Die Trainerin Monika Aehling von Kinderschutzbund Coesfeld unterstützte die Mädchen bei Rollenspielen und intensiven Gesprächen, aber auch mit ganzem körperlichen Einsatz. Sie erfuhren, wie wichtig es ist, immer auf ihr Bauchgefühl zu hören und Mut zu zeigen. Dabei lernten sie, deutlich "Nein" zu sagen und wie Mimik und Gestik das "Nein" noch verstärken können. Auch Befreiungsgriffe aus Festhaltesituationen und Tritte gegen Boxkissen wurden trainiert. Besonders stolz waren die Mädchen auf ihre Holzbretter, die sie selbst in der Mitte durchgetreten hatten.
Von einem ganz anderen Ansatz ging Deeskalations-Trainer Rainer Ströwer von der Gewaltakademie Villigst bei den Jungenkursen aus. Unter seiner Anleitung konnten die Jungen ihr Selbstvertrauen stärken, ihre sozialen und emotionalen Fähigkeiten vertiefen und ihre Handlungsmöglichkeiten erweitern. Er übte mit den Jungen faires Verhalten in der Gemeinschaft und wie man miteinander im Team und nicht gegeneinander spielt, aber auch fair kämpfen kann. Die Kinder erfuhren, wie wichtig es ist, auf den inneren Schiedsrichter zu hören, aber auch mit vertrauten Personen über schlechte Gefühle zu reden. Die Ergebnisse der Gesprächsrunden wurden auf einem Plakat festgehalten und im Klassenraum aufgehängt. So kann bei Bedarf auch weiterhin immer wieder nachgelesen und sich erinnert werden. Alle TeilnehmerInnen haben mit viel Spaß und Engagement bei den Kursen mitgemacht, von den Ergebnissen wird auch weiterhin deutlich merkbar im Schulalltag profitiert.
Die Selbstbehauptungskurse in den Klassen 4 a und b haben das "Starke-Kinder-Projekt" vervollständigt, neben den Theaterstücken "Die große Nein-Tonne" im ersten und "Mein Körper gehört mir" im vierten Schuljahr. Diese sind außerdem wichtige Bausteine des Beitrags "Gesund, fit und nachhaltig" , mit dem sich die St. Marienschule Appelhülsen an dem Landesprogramm "Schule der Zukunft" der Bildungs- und Naturschutzministerien des Landes NRW sowie der Naturschutz und Umweltakademie nua beteiligt.
Die Schüler nahmen als Zielgruppe aktiv handelnd an den Kursen teil. Die Umsetzung erfolgte durch praktische Übungen und gegenseitiges Lernen und Erfahren, bei dem sie außerdem für ihr Handeln und somit die Interaktion innerhalb der vertrauten Kleingruppe selbst verantwortlich waren und lernten, ihre Erfahrungen im intensiven Gespräch zu reflektieren. Jedes einzelne Kind ist daher in besonderem Maße am Erfolg der Übungen beteiligt.
So haben sich die Viertklässler selbst nachhaltig für den Übergang zur weiterführenden Schule und die damit einhergehende Einfindung in eine neue Situation und einen neuen Alltag mit einem gesunden Selbstbewusstsein gestärkt.