Sexualpädagogischer mfm-Projekttag 2022

Ansprechpartner:

Frau Felbick

Institution:

Geschwister-Scholl-Gymnasium Unna

  • Palaiseaustraße 2
    59425 Unna

Beschreibung und Ziele:

Der sexualpädagogische mfm-Projekttag gehört seit nunmehr 7 Jahren zum festen Bestandteil unseres sexualpädagogischen Konzepts. "mfm" steht dabei für "my fertility matters" - ein kleines Wortspiel, das sich sowohl übersetzen lässt mit "Alle Angelegenheiten rund um meine Fruchtbarkeit", aber auch mit "Meine Fruchtbarkeit ist wichtig!" Dazu kommen Referentinnen und Referenten unseres Projektpartners, des mfm-Programms siehe www.mfm-programm.de zu uns an die Schule. Sie schicken die Mädchen und Jungen in kleinen, geschlechtsgetrennten Gruppen auf eine spielerische Entdeckungsreise durch ihren eigenen Körper. In der sogenannten "Zyklus-Show" erleben die Mädchen eine anschauliche Darstellung des weiblichen Zyklusgeschehens. Im Workshop "Agenten auf dem Weg" schlüpfen die Jungen in die Rolle der Spermien und erleben dabei, was in ihrem Körper geschieht, wenn sie sich vom Jungen zum Mann entwickeln. Einen ganzen Vormittag lang erlebten die Mädchen und Jungen somit in kleinen, geschlechtsgetrennten Gruppen, was sich in ihrem Körper während der Pubertät alles verändert und welchen Sinn diese Entwicklungen haben. Wie wertvoll sie diese geschützten, kleinen Gruppen und das spielerische Vorgehen empfanden, und was sie alles gelernt und erfahren haben, berichten zwei Mädchen und ein Junge aus dem jetzigen Jahrgang 6 eindrucksvoll in einem aktuellen Interview: https://bit.ly/3vpXTd3. Unter dem Suchbegriff "mfm" finden Sie auf unserer Schulhomepage www.gsg-unna.org weitere Berichte über die bisher stattgefundenen Projekttage. Auch in unserem virtuellen Rundgang für den Tag der Offenen Tür, der im Dezember 2020 nur online stattfinden konnte, erfahren Sie in einem kurzweiligen, 3-minütigen Film, warum wir dieses Projekt so schätzen: https://bit.ly/3l7QMTf der Film erscheint nach einem Klick auf das blau umrandete Modell der Gebärmutter mit dem Fötus. Die Projekttage im Frühjahr 2021 wurden durch Ihre Stiftung komplett finanziert - herzlichen Dank nochmals dafür! Nun bewerben wir uns ein zweites Mal für den neuen Jahrgang 5….

Sie fördern Projekte, die Kinder und Jugendliche auf "Übergangssituationen" vorbereiten. Welcher Übergang ist unmittelbarer für jeden Jungen und jedes Mädchen als der vom Kind zum Erwachsenen? Viele körperliche und seelische Veränderungen geschehen, die verunsichern können und eingeordnet werden wollen. Für ein gutes Körper- und ein starkes Selbstwertgefühl, einen verantwortungsvollen Umgang mit der eigenen Sexualität und damit auch für die Vorbeugung von sexueller Gewalt oder ungeplanten Schwangerschaften ist das Wissen um diese Vorgänge unverzichtbar. Im Unterschied zum Fachunterricht wird bei unserem mfm-Projekttag nicht nur das reine Fachwissen, also die "Kopf-Ebene" angesprochen, sondern gleichwertig ebenfalls Gefühle und Fantasie. Es wird ein positiver Bezug zum Geschehen im Körper hergestellt, Wertschätzung und Staunen über die Leistungen des eigenen Körpers sind ein wesentliches Ziel. Am Geschwister-Scholl-Gymnasium haben wir einen hohen Anteil an Migranten unter unseren Schülerinnen und Schülern. Gerade für diese Mädchen oder Jungen erleben wir den Workshoptag als sehr wertvoll, da im Elternhaus über die körperlichen und psychischen Veränderungen in der Pubertät häufig nicht gesprochen wird und der eigene Körper, Vorgänge wie Regelblutung, Ejakulation oder Schwangerschaft noch oft schambesetzt sind. Wertschätzung des eigenen Körpers sowie Wissen um die Vorgänge im Körper der späteren Partnerin bei einer Schwangerschaft sind jedoch unverzichtbar für ein selbstbewusstes Leben und einen respektvollen Umgang der Geschlechter untereinander. Die vermittelten fachlichen Inhalte und Kompetenzen sowohl im Jungen- als auch im Mädchen-Workshop werden von den Biologielehrkräften in der Jahrgangsstufe 9 zu Beginn der dort verorteten weiteren Sexualerziehung aufgegriffen und thematisiert. Da wir nun schon seit 7 Jahren dieses Projekt an unserer Schule haben, können wir berichten, dass die Jungen und Mädchen tatsächlich nachhaltig von diesem Tag profitieren und einen ausgesprochen positiven Zugang zu ihrem Körper haben und über die zugrunde liegenden Vorgänge von Pubertät, weiblichem Zyklus, Spermienreifung, Befruchtung, Schwangerschaft und Geburt Bescheid wissen.

Wie wurden die Kinder in das Projekt eingebunden?

Am Projekttag wird der normale Klassenverband aufgelöst. Die Kinder verbringen den gesamten Schulvormittag 1. - 6. Stunde in kleinen, geschlechtsgetrennten Gruppen von 9 bis maximal 15 Kindern. Eine Referentin bei den Mädchengruppen oder ein Referent bei den Jungengruppen des mfm-Programms hat den Raum bereits mit farbenfrohen Materialien gestaltet, bei den Mädchen liegen mit Tüchern und anderen Materialien gestaltet die weiblichen inneren Geschlechtsorgane auf dem Boden, um die herum sie sich mit Decken und Kissen gruppieren. Bei den Jungen geht es etwas weniger materialaufwändig, aber nicht weniger liebevoll zu: Sie versetzen sich in einem Rollenspiel in "Spezialagenten", die Spermien, deren Aufgabe nichts Geringeres ist, als das Überleben der Menschheit zu sichern. Dabei lernen sie zunächst die einzelnen Organe ihres männlichen Körpers kennen. Auf ihrer weiteren abenteuerlichen Reise durch mehrere anschaulich aufgebaute Stationen ins "Land des Lebens", dem Körper der Frau, erleben sie weit entfernt von trockener Theorievermittlung oder der mit dem Thema oft verbundenen Peinlichkeit, wie ein neuer Mensch entsteht. In diesem Zusammenhang verstehen sie auch, warum Mädchen eine Blutung und einen Zyklus haben. Im dritten Teil, dem "Happy man" erfahren sie, wie sich ihr Körper in der Pubertät vom Jungen zum Mann entwickelt. In ernsthaften Gesprächen, aber auch mit viel Spaß wird dem Thema in altersgerechter und respektvoller Weise der Raum gegeben, der ihm gebührt. Die Jungen spüren: "Was in mir vorgeht, ist echt cool!" Auch bei den Mädchen besteht der Projekttag aus drei Teilen. Im ersten Teil der Zyklusshow erleben sie, wie aus einer Spermienzelle und einer Eizelle ein neues Leben entsteht: Wie die "Bühne des Lebens" die inneren weiblichen Geschlechtsorgane von den "Frühlingsboten" FSH, den "Östrogen-Freundinnen" und dem "Progesteron-Team" auf das "große Finale", nämlich die Schwangerschaft und Geburt eines Kindes vorbereitet wird. Am Ende wird mit einer Puppe sogar die Geburt symbolisiert. Im zweiten Teil des Workshops, dem Hauptteil, geht es nur noch um ihren eigenen Körper: Nun schlüpfen auch die Mädchen in einem Rollenspiel in die Rolle der Hormone und erleben hautnah, wie die Östrogene als ihre besten Freundinnen sie in der Pubertät in eine Frau verwandeln. Sie stellen fest, dass auch ihr eigener Körper in jedem Zyklus neu "Luxussuiten" für einen möglichen Gast, also eine befruchtete Eizelle, vorbereitet. Kommt er nicht, wird - wie in der Natur - nicht getrauert und nicht gespart: jeder neue Gast bekommt nagelneue Luxussuiten, die unbenutzten fließen als Zeichen des Reichtums und Überflusses, als das "kleine Finale" der Zyklusshow, die Menstruationsblutung, aus dem Körper. Dabei entschlüsseln die Mädchen die verschiedenen Geheimcodes in ihrem Körper, z.B. den Zaubertrank Weißfluss, Zervixschleim, und werden eingestimmt auf ihre erste Blutung. Im letzten Teil des Projekttages sind genau diese Blutung, mögliche Ängste und Sorgen sowie notwendige Hygienemaßnahmen und -materialien Thema. Das ausführliche Gespräch darüber bereitet sie auf die oft noch nicht eingesetzte erste Blutung vor, gibt ihnen Selbstvertrauen und weckt ihren Stolz darauf, eine Frau zu werden. Sie haben den weiblichen Zyklus an diesem Projekttag nicht wie so oft in der Öffentlichkeit dargestellt als etwas Mysteriöses, Furchteinflößendes und Schmerzhaftes kennengelernt, sondern als ein beeindruckendes Geschehen auch zwischen den Blutungen, welches Frauen befähigt, neues Leben hervorzubringen.

Rückblick:

Frage: welcher Übergang sorgt oft für enorme Verunsicherung, Ängste, Sorgen und Selbstwertprobleme, nicht nur bei Kindern, sondern auch bei ihren Eltern? Welcher Übergang betrifft ausnahmslos jedes Kind, Mädchen wie Jungen?
Richtig: der Übergang vom Kind zum Erwachsenen. Die Pubertät! Diese nicht als Hindernis oder unabwendbares Übel, sondern als wunderbare Chance zu begreifen, ist Anliegen des mfm-Projekttages am Geschwister-Scholl-Gymnasium Unna. Hier lernen die Fünftklässler, den eigenen Körper und seine Veränderungen in der Pubertät positiv wahrzunehmen und zu staunen über seine Fähigkeit, Leben zu zeugen und auszutragen.
Einen ganzen Schulvormittag lang erleben die Kinder in kleinen geschlechtsinternen Gruppen spielerisch und abwechslungsreich jeweils mit einer Referentin für die Mädchen und einem Referenten für die Jungen, welche Vorgänge in ihrem Körper in der Pubertät ablaufen und wie diese Geschehnisse neues Leben schaffen können. Dabei schlüpfen die Jungen in die Rolle von "Spermagenten". Ihre Rolle ist es, "das Überleben der Menschheit zu sichern". Gebildet im Hoden durchlaufen sie das Trainingslager im Nebenhoden, um schließlich über allerlei spannende Stationen im "Land des Lebens" anzukommen. Nur im Team gemeinsam erreichen sie durch einen Kriechtunnel die Eizelle und ermöglichen die Befruchtung.
Im Jungenworkshop geht es entsprechend lebhaft zu, bei den Mädchen ist die Atmosphäre ruhiger und kuscheliger. Hier wird am Boden mit allerlei bunten Materialien ein anschauliches Bild der weiblichen Geschlechtsorgane aufgebaut. Die Mädchen schlüpfen in die Rolle der verschiedenen weiblichen Hormone und bereiten zum Beispiel als Team "Partyservice", das heißt als Progesteron, das "Gebärmutterhotel" auf die mögliche Ankunft eines kleinen "Gasts", der befruchteten Eizelle, vor. Dass die Monatsblutung dann das Abtragen dieser vorbereiteten "Luxusausstattung" bei Ausbleiben des Gasts bedeutet, sorgt für manches "Aha"-Erlebnis bei den Schülerinnen: "Dann ist die Blutung ja gar nichts Schlimmes," überlegt ein Mädchen laut, "irgendwie freue ich mich jetzt sogar darauf!"
Genau das ist das Anliegen des mfm-Projekttags, berichtet Ulrike Felbick, die als Biologielehrerin das Programm seit acht Jahren am GSG betreut. "Die Kinder erleben ihren Körper als etwas Schätzenswertes und damit auch als etwas Schützenswertes. Das ist der Ansatz des mfm-Programms: 'Nur was ich schätze, kann ich schützen!'" Auch die Eltern, die zuvor in einem Elternabend über Inhalte und Methoden des Projekttags informiert werden, sind überzeugt. "Sie erzählen mir oft, dass sie sich so eine Aufklärung früher auch gewünscht hätten," so Felbick. Schüler*innen, Eltern und Kolleg*innen der GSG-Schulgemeinde danken daher dem Bildungsprojekt "Von klein auf" der Gelsenwasser Stiftung für die Finanzierung dieser Projekttage 2022!