Mathematik begreifen und selbstständiges Lernen ermöglichen - Zahlen, Zahlenräume und geometrische Formen greifbar gestalten durch den Einsatz von strukturiertem Mathematikmaterial für die Hand des Schülers (Projekt des Monats Februar 2022)

Ansprechpartner:

Frau Billeke

Institution:

Petrigrundschule

  • Langenwiedenwedg 18
    59457 Werl

Beschreibung und Ziele:

Die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Viruses wie Wechselunterricht und Schulschließungen verbunden mit Distanzlernen haben intensive Auswirkungen auf das Lernen und die Leistungen unserer Schüler, besonders auf die der ersten Jahrgänge. Schülerinnen und Schüler kommen in Bezug auf ihren Leistungsstand unterschiedlicher als vorher zurück zur Schule. Wir haben es mit einer Schülerschaft zu tun, die wahrscheinlich deutlich leistungsheterogener geworden ist. Es wird Schüler*innengeben, bei denen große Lernlücken festgestellt werden, als auch Schüler*innen, die möglicherweise mit besseren Leistungen in die Schule starten, als vor der Schulschließung. Für den Mathematikunterricht bedeutet dies, dass wir verstärkt die individuellen Stärken und Schwächen eines jeden Kindes berücksichtigen und zugleich die Heterogenität einer Lerngruppe für gemeinsames Lernen besonders nutzen müssen. Da kommt dem Einsatz und der Auswahl mathematischer Arbeitsmaterialien besondere Bedeutung zu. Nach Brunner liegt der Schlüssel zum Verständnis mathematischer Inhalte in den drei Repräsentationsmodi "enaktiv" motorische Bewegungen und konkrete Handlungen, "ikonisch" bildhaft und "symbolisch" Zeichen und Sprache. Im Homeschooling kam und kommt das enaktive, handlungsorientierte Lernen im Fach Mathematik total zu kurz. Es stand und steht den meisten Schülern und Schülerinnen kein strukturiertes Mathematikmaterial zur Verfügung. In den Wochen des Distanzlernens homeschooling , der Notbetreuung und auch im Wechselunterricht haben die Schüler und Schülerinnen von der ersten Klasse bis zur 4. Klasse ihre Lernaufgaben häufig am Bildschirm erledigt, in ihrem Mathematikbuch gearbeitet oder unzählige Arbeitsblätter mit mathematischen Aufgaben bearbeitet. Vielen Kindern , besonders aus den ersten Jahrgängen, gelingt durch diese Arbeitsweise aber nicht die Erarbeitung eines tiefen Verständnisses für die neuen mathematischen Begriffe und Zusammenhänge. Nach Schipper 2015 muss die Erarbeitung von neuen Rechenstrategien auf der Basis konkreter Handlungen mit strukturierten Materialien erfolgen. Es reichen keine Alltagsmaterialien, da diese in der Regel keine mathematische Struktur aufweisen. Unsere Aufgabe muss es nun sein, unseren Schülern im Präsensunterricht diese notwendigen Materialbegegnungen im Mathematikunterricht zu ermöglichen und fehlende Materialbegegnungen nachzuholen.

Nach dieser langen Phase von Distanzlernen und Wechselunterricht und dem reinen Arbeiten mit Papier und Bildschirm wollen wir unseren Schülern/innen die Möglichkeit geben, Zahlen, Mengen und Rechenoperationen visuell und auch haptisch zu begreifen. Daher liegt unser Fokus darin, Arbeitsmaterialien für den Mathematikunterricht zur Verfügung zu stellen, die das multisensorische Lernen ermöglichen und Zahlen und Zahlenräume greifbar gestalten. In der Schule sind zwar einige Mathematikmaterialien vorhanden, aber sie dienen in erster Linie zu Demonstrationszwecken vor der Klasse und sind nicht in ausreichender Anzahl für die Hand der Schüler vorhanden. Besonders in den Freiarbeitsphasen oder Förderstunden könnten die Kinder selbstständig und handlungsorientiert neue, positive Lernerfahrungen mit dem konkreten Material auf verschiedenen Leistungsebenen machen. Die Kinder würden optimal beim Aufbau tragfähiger Vorstellungsbilder arithmetischer Begriffe und Operationen unterstützt. Anhand des Materials könnten sie sich neue geometrische Formen selbstständig erarbeiten. Mathematiklernen erfordert auch Übung. Erworbene Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten müssen immer auch durch regelmäßige Übungen und Anwendungen gesichert werden. Besonders motivierend sind für viele Kinder, handlungsorientierte Mathematikmaterialien wie Tausenderkuben, Hunderterplatten, Zehnerstangen, Einerkuben, Legebretter, Spiele, die zur Automatisierung ihrer Kenntnisse beitragen sowie geometrisches Material. Von Vorteil sind Aufgabenformate und Materialien, die die Kinder ermutigen, ihnen Erfolgserlebnisse verschaffen und motivieren, ein höheres Lernniveau anzustreben. Nicht jedes Material muss in jeder Klasse sein. Es kann auch zwischen den Klassen ausgetauscht werden. Es muss so viel da sein, dass alle Kinder eine Arbeit finden können, sei es in Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit. Zusammengefasst sehen wir folgende Vorteile durch die mögliche Anschaffung der neuen Mathematikmaterialien • Den Kindern gelingt die Erarbeitung von neuen Rechenstrategien auf der Basis konkreter Handlungen mit Materialien. Sie begreifen Mathematik. • Das selbstständige Lernen und konzentrierte Arbeiten wird durch die Arbeit mit den Materialien gefördert. • Die Materialien sind ästhetisch und hochmotivierend und wecken die Freude an Mathematik. • Die Materialien können desinfiziert werden. • Die Feinmotorik wird durch den Umgang mit den verschiedensten Materialien geschult. • Es kann mit den Materialien beliebig oft gearbeitet werden, sodass auch viel weniger Papier verbraucht wird. Die Flut an Arbeitsblättern wird deutlich eingeschränkt, was sehr umweltfreundlich ist.

Wie wurden die Kinder in das Projekt eingebunden?

Einige Kinder kennen die verschiedenen Mathematerialien durch den Förder- und Forderunterrricht bei der Sonderpädagogin, die diese Materialien privat besitzt und in ihrem Förderraum regelmäßig einsetzt. Hin und wieder gibt sie ihre Materialien den I-Kräften ihrer Förderkinder für einige Unterrichtstunden mit in die Klasse, damit die Kinder in den Freiarbeitsstunden weiter damit arbeiten können. Viele Mitschüler zeigen großes Interesse an der Arbeit mit den verschiedenen Mathematerialien und bewundern auch die Lernfortschritte, die sie bei einzelnen Kinder feststellen. Es wird häufig der Wunsch geäußert, auch mit diesen Materialien arbeiten zu dürfen. Da das Material für leistungsschwache ebenso geeignet ist wie für leistungsstarke Kinder, wäre eine Anschaffung dieser ausgesuchten Mathematerialien sehr wünschenswert. Aus eigenen Mitteln kann die Schule eine solche Anschaffung aber nicht bestreiten. Eine Bewilligung unseres Projektantrages würde uns alle, Lehrer und Schüler/innen, sehr freuen.

Rückblick:

Rückblick
Unsere Schüler und Schülerinnen sind endlich zurück im Präsensunterricht. Schulschließungen, Distanzlernen und Wechselunterricht über Wochen haben ihre Spuren bei den Kindern hinterlassen. Unsere Schülerschaft ist deutlich leistungsheterogener geworden. Einige Kinder sind regelrecht ausgehungert nach Unterricht, der Spaß macht und zum Entdecken einlädt. Anderen fällt es viel schwerer als vorher, sich wieder an das geregelte Schulleben zu gewöhnen und die notwendige Lernmotivation aufzubringen. Viele Schüler*innen sind gesättigt von Bildschirmarbeit und der Bearbeitung von Arbeitsblättern. Wir sind jetzt, dank der finanziellen Unterstützung der Gelsenwasser Stiftung, in der glücklichen Lage, unseren Kindern neue, motivierende Arbeitsmaterialien für den Mathematikunterricht anbieten zu können. Wir konnten ausreichendes Dienesmaterial Einerwürfel, Zehnerstangen, Hunderterplatten und Tausenderwürfel auf kleinen Rollwagen platziert für die Hand des Schülers / der Schülerinnen anschaffen. Ein hölzerner großer Zahlenkartensatz sowie kleine Schälchen für Einerwürfel vervollständigen den jeweiligen Wagen. Die Kinder können sich im Unterricht selbstständig mit notwendigen Materialien versorgen. Sie legen hochmotiviert mit dem Material Zahlenmengen, tauschen jeweils 10 Einer in 1 Zehner, 10 Zehner in einen Hunderter und 10 Hunderter in einen Tausender usw.. Auch diejenigen, die das Dezimalsystem bis jetzt nicht verstanden hatten, erwerben nach und nach ein grundlegendes Verständnis dafür. Da sowohl im Zahlenraum bis 10 als auch bis 9999 gearbeitet werden kann, ist das Material für alle Jahrgangsstufen nutzbar. Aus dem Bereich der Montessoripädagogik haben wir ebenfalls, wie geplant, mehrere Materialien angeschafft, wie z.B. einen Spindelkasten für erste Zählübungen, Kästen mit farbigen Rechenstäbchen, mehrere Hunderterbretter mit Selbstkontrolle, kleine Multiplikations- und Divisionsbretter mit Aufgabenkarten und Selbstkontrolle, zwei Pythagorasbretter mit Selbstkontrolle sowie einige Perlenkästen für die Multiplikation. Darüber hinaus haben wir einen Geometriekasten angeschafft. Die Schüler*innen legen mit verschieden langen und verschieden farbigen Stäbchen alle flächigen und räumlichen geometrischen Figuren auf einem Arbeitsbrett aus und stecken sie mit Klammern fest. An den Farben sehen sie z. B., welche Seiten eines Rechtecks gleich lang sind. Sie erkennen, dass sich aus einem Quadrat ein Parallelogramm schieben lässt usw.. Auf die Geometrische Kommode und die Farbigen Zylinder haben wir vorerst verzichtet, da vom Kollegium der Wunsch nach mehreren der oben genannten Materialien geäußert wurde. Da wir einige sehr gute Rechner auch in der zweiten und dritten Klasse haben, entschieden wir uns zusätzlich für die Anschaffung eines Markenspiels und der Großen Division, deren Bedienungen die Kinder herausfordert. Mit Begeisterung haben sich einige Schüler an die Lösung mehrstelliger Additions,- Subtraktions-, Multiplikations und Divisionsaufgaben herangewagt.
Insgesamt kann man sagen, dass den Schüler*innen die Erarbeitung von neuen Rechenstrategien auf der Basis konkreter Handlungen mit Materialien super gelingt. Sie begreifen Mathematik. Man kann jetzt schon bei den Schüler*innen feststellen, dass das selbstständige Lernen und das konzentrierte Arbeiten durch die Arbeit mit diesen Materialien dauerhaft gefördert werden und dass ihnen Mathematik auf einmal viel Freude macht.