Wilhelm-Kraft-Gesamtschule des Ennepe-Ruhr-Kreises
Das Projekt bringt Schülerinnen und Schüler begleitend zum bereits installierten Projekt "Für eine Schule der Vielfalt" vor Ort zusammen und schafft nicht nur neue Kooperationsformen zwischen ihnen, sondern auch neue Lern- und Lehrräume zum Thema Rassismus. Die teilnehmenden Schüler und Schülerinnen bringen ihre Kompetenzen ein und können mit Hilfe der Kompetenzen der jeweils anderen, ihre Defizite abbauen und Qualitäten ausbauen und diese über die Projekttage hinaus als Multiplikatoren nicht nur im Schulalltag einsetzen. Das theaterpädagogische Arbeiten orientiert sich an dem Konzept Augusto Boals: Das ursprünglich als politisches Instrument entwickelte "Theater der Unterdrückten" war in seinen Anfängen als Theater gegen Rassismus gedacht und wurde in den letzten Jahren durch introspektive Techniken um den psychosozialen Bereich erweitert. Mit dem Projekt wird das Thema "Rassismus" sowohl in seiner gesellschaftlichen, als auch der persönlichen Bedeutung bearbeitet und bekommt über evtl. Unterrichtsinhalte hinaus einen konkreten Charakter für den Einzelnen: Das Verständnis hinsichtlich des Themas findet nicht nur abstrakt außerhalb des eigenen Bezugsrahmens statt, sondern betrifft die Schülerinnen und Schüler jeden Tag neu im eigenen Erlebnisfeld. Bewegungsübungen und das Verkörpern innerer Bilder im Statuentheater lassen Vertrauen in sich und das Gegenüber wachsen und führen behutsam in den theaterpädagogisch themenbezogenen Prozess ein. Im Verlauf des Prozesses wird das Thema aus der Betroffenheit der Teilnehmer heraus szenisch weiter erarbeitet. Somit erschließt sich das Thema "Rassismus" nicht nur auf der kognitiven Ebene, sondern auch auf der körperlichen: das Denken und das Körpererleben werden miteinander verknüpft. Aus Alltagsdramen werden erinnerungswerte Geschenke und Geschichten des Lebens zum Leben erweckt. Insbesondere werden Beziehungen zwischen Menschen thematisiert, ihre Interkulturalität, ihren Motivationen und Entscheidungen an wichtigen Wendepunkten des Lebens gemeinsam reflektiert und damit die Erfahrung einzelner gewürdigt. Das theatrale Spiel eröffnet hierbei Möglichkeiten zur Reflexion. Eine größere Klarheit über eigene Befindlichkeiten schafft Raum für weitergehende Gespräche und Begegnungen.
Ziel ist es die eigenen und fremden Ressourcen zu erkennen und zu stärken, und scheinbare Defizite "des unbekannten Anderen" in Stärken zu verwandeln. Der Einzelne wird in seiner Wahrnehmung geschult, Strukturen und Mechanismen von Rassismus zu erkennen. Gleichzeitig werden gemeinsam Aspekte herausgearbeitet, die Begegnung unterschiedlicher Nationalitäten und Kulturen fördern und auch verhindern können. Mit einem frühen Erkennen von Bedingungen, die ausgrenzende Situationen begünstigen, werden die Schülerinnen und Schüler zu Toleranz und Interesse gegenüber dem anderen herangeführt. Sie lernen gemeinsam, aktiv auch fremde Situationen beeinflussen zu können, ohne Ignoranz und Ablehnung herbeizuführen. Ziel des Projektes ist das Erwerben einer Handlungskompetenz, nicht nur die Teilnehmerinnen darin zu unterstützen aus der eigenen Passivität herauszutreten und zu einem handlungsfähigen Akteur zu werden. Neues Verhalten übt er im Rollenspiel und erprobt es für den Alltag. Innere Prozesse werden im szenischen Aufbau äußerlich sichtbar und werden somit nicht nur für den Akteur, sondern auch für die anderen Interaktionspartner transparent - eine ergänzende Kommunikationsplattform wird für alle Beteiligten nachvollziehbar geschaffen. Gleichzeitig wirkt das Projekt gemeinschaftsstiftend auf die entstehende Gruppe und darüber hinaus: Das gemeinsame Erleben die Fremdheit des anderen in Begegnung verwandelt zu haben, stärkt das Bewusstsein für den anderen in der Gruppe und somit die Verantwortung für die Gemeinschaft. Die Ziele des Projektes sind demnach vielfältig: - Entwicklung von Zivilcourage bei sich und anderen - Entwicklung einer Sichtweise, Vielfalt als Bereicherung wahrzunehmen - Schulung der Selbst- und Fremdwahrnehmung - Soziales Kompetenztraining - Stärkung der eigenen Schlüsselkompetenzen - Stärkung des Gemeinschaftserlebens im regionalen Raum
Die Jugendlichen sind in Form interaktiver Prozesse an dem Projekt beteiligt: In jeder Phase, sowohl bei den einführenden Körperübungen, beim Statuentheater, als auch beim szenischen Aufbau ist die ganze Gruppe in den Prozess mit einbezogen. Zur Durchführung des Projektes wird die Gruppe geteilt. Phasenweise werden die Kleingruppen zusammengeführt, ihre erarbeiteten Inhalte vorzustellen und gemeinsam zu reflektieren. Reflexionsrunden werden wiederholt auch in den Kleingruppen durchgeführt, den Erkenntnisprozess zu vertiefen.
"Aus drei Jahrgängen kamen die Schülerinnen und Schüler zusammen sich zum Thema "Schule der Vielfalt" auszutauschen und sich weiter für eine "Schule ohne Rassismus" stark zu machen. Sie lernten weitere Möglichkeiten im Training kennen, methodische Schritte bei ausgrenzenden Fragestellungen im Schulalltag sich als Multiplikatoren stark zu machen.
Dabei ging es zunächst um die Stärkung der Gruppe als Team, im Sinne von "gemeinsam sind wir stark", sich auch gegenüber unbekannten Mitschülern zu engagieren und blitzschnell in Krisensituationen mutig aktiv zu werden und sich für andere einzusetzen. In aktivierenden und gleichzeitig sensibilisierenden Übungen wurde der Einzelne weiter zur kritischen Wahrnehmung angeregt auch in unübersichtlichen Situationen ruhig zu bleiben und einen klaren Blick zu behalten. Es ging darum genau hinzuhören und zu schauen und dann mit Verstand und Mut sich einzumischen in Momenten, in denen andere ausgegrenzt und wenig tolerant behandelt werden.
Das Zeitungstheater nach Boal stellte den Zusammenhang zwischen öffentlichen Situationen her und dem, was jeden Einzelnen anspricht, wo sie und er sich persönlich sehen. Die persönliche Stärkung stand im Prozess weiter im Mittelpunkt, denn es braucht Kraft und Selbstbewusstsein sich herausfordernden Momenten beim Thema Rassismus zu stellen und sich zu engagieren. Die Mittel des Theaters halfen dabei und das Vertrauen nahm von einem Treffen zum nächsten weiter zu und der Austausch vertiefte sich. Die Gruppe stellte sich zunehmend stärker und bewusster auf und ihre Aktivitäten zu einer "Schule ohne Rassismus" weiter ausbauen."