Training zur Berufswahl & Training der Ausbildungsreife (Projekt des Monats April 2014)

Ansprechpartner:

Herr Johnen

Institution:

Städt. Gemeinschaftshauptschule

  • Hüls 1
    47623 Kevelaer

Beschreibung und Ziele:

Mit den Trainingstagen wird das Thema der ausbildungsreifen Berufswahl-orientierung sowohl in seiner gesellschafts- und wirtschaftspolitischen, als auch der persönlichen Bedeutung bearbeitet und bekommt über die Unterrichtsinhalte hinaus einen konkreten Charakter für den Einzelnen: Das Rollenverständnis hinsichtlich des bevorstehenden Praktikums, der eigenen Stärken und Schwächen in Bezug auf das Tätigkeitsfeld im Beruf, Fragestellungen im beruflichen Ausbildungskontext, im Bewerbungsgespräch Gesprächsführung findet zu diesem Zeitpunkt nicht nur abstrakt außerhalb des eigenen Bezugsrahmens statt, sondern betrifft die SchülerInnen jeden Tag neu im eigenen Erlebnisfeld. Die SchülerInnen erfahren eine interaktive und somit ganzheitlich erfahrbare Begleitung in Bezug auf ihre individuellen Fragestellungen zur Berufswahlorientierung mit dem Blick auf die Anforderungen betrieblicher Zusammenhänge und es erfolgt "Realitätscheck" hinsichtlich der Erwartungen für die Praktikumszeit. Dabei führen Bewegungsübungen und das Verkörpern innerer Bilder im Statuentheater zu den Fragestellungen und lassen Vertrauen in sich und das Gegenüber wachsen. Im Verlauf des Prozesses wird das Thema aus der Betroffenheit der Teilnehmer heraus szenisch weiter erarbeitet. Somit erschließt sich das Thema der Berufswahlorientierung nicht nur auf der kognitiven Ebene, sondern auch auf der körperlichen: Das Denken und das Körpererleben werden miteinander verknüpft.

1. Förderung von Basis- und Schlüsselkompetenzen Das Erwerben einer Handlungskompetenz, die den Schüler darin unterstützt aus seiner Passivität herauszutreten und zu einem handlungsfähigen Akteur hinsichtlich seiner ausbildungsreifen Berufsorientierung zu werden. Neues Ver¬halten übt er im Rollenspiel und erprobt es für den Alltag. 2. Schulung der Selbst- und Fremdwahrnehmung Der einzelne Schüler wird in seiner Wahrnehmung geschult, Strukturen und Mechanismen hinsichtlich verschiedener Rollenerwartungen im Zusammenhang der Berufswahl zu erkennen, eigene Kompetenzen wahrzunehmen und diese weiter zu trainieren. Mit einem frühen Erkennen von Bedingungen, die auch konflikthafte Situationen unter diesem Aspekt aufzeigen, wird der Schüler an eine Selbst- und Fremdwahrnehmung herangeführt und gleichzeitig ein kooperatives Miteinander in der Klasse eröffnet. Er lernt, aktiv Situationen beeinflussen zu können und verantwortungsbewusst zu handeln. Innere Prozesse werden im szenischen Aufbau äußerlich sichtbar und werden somit nicht nur für den Akteur, sondern auch für die anderen Interaktionspartner transparent - eine ergänzende Kommunikationsplattform wird für alle Beteiligten nachvollziehbar geschaffen. 3. Stärkung des Gemeinschaftserlebens und Teamtraining im Klassenverband Das Projekt wirkt gemeinschaftsstiftend auf den Klassenverband: das gemeinsame Erleben einen Konflikt gelöst zu haben, stärkt das Bewusstsein für den anderen in der Gruppe und somit die Verantwortung für die Gemeinschaft, er-forderliche Teamfähigkeit für das spätere Berufsleben werden geübt und trainiert.

Wie wurden die Kinder in das Projekt eingebunden?

Detaillierteres methodisches Vorgehen Verschiedene Methoden der theater- und kunstpädagogischen Arbeit werden in Anlehnung an das Interview und die Biographiearbeit miteinander verknüpft und nehmen das Thema "Berufswahl" in einer individuellen und zugleich übergeordnet persönlichen Reichweite auf: 1. Der persönliche Kontakt zum Thema wird hergestellt: Welche Fähigkeiten meiner Person nehme ich wahr? Welche meiner Stärken setze ich zu welchen Anlässen in Situationen um? Wie kann ich meine Ressourcen intensiver nutzen? Gibt es Schwachpunkte, an denen ich etwas verändern will? - Das Statuentheater bietet hier im ersten Schritt über das versinn-bildlichen mit dem Körper ein tieferes Verständnis und Verstehen der bereits kognitiv erschlossenen Aspekte. 2. Mittels Improvisationstechniken und dem Rollenspiel werden individuelle Fragestellungen aufgenommen sie bieten gleichzeitig den anderen Teilnehmern einen Spiegel, eigene und nicht bewusste Anteile im szenischen Spiel klarer wahrzunehmen und sich damit auseinanderzusetzen. - Hier zeigt sich unmittelbar, welche Basis- und Schlüsselkompetenzen vorhanden sind, z.B. Redegewandtheit, Teamfähigkeit, Durchhaltvermögen. - Mit der Auseinandersetzung des "Real- und Idealbildes" im szenischen Spiel können subjektive Einschätzungen und Deutungen deutlich erfahrbar gemacht und in der Gruppe gemeinsam überprüft werden. Wie sind die Schülerinnen und Schüler an dem Projekt beteiligt? Zur Durchführung des Projektes wird die Klasse in zwei Gruppen geteilt und von je einem Spielleiter begleitet. Phasenweise werden die beiden Gruppen zusammengeführt, ihre erarbeiteten Inhalte vorzustellen und gemeinsam zu reflektieren. Reflexionsrunden werden wiederholt in den Kleingruppen durchgeführt, den Erkenntnisprozess zu vertiefen.

Rückblick:

Mit Methoden aus dem Theaterunterricht übten Schüler der Klasse 8 der Hauptschule, sich bei einem Bewerbungsgespräch richtig zu präsentieren. Presseartikel "Kevelaer Blatt" Do. 25.04.2013 von Hildegard v.an Lier

Ganz alleine steht Justin M. auf der Bühne unter dem Dach der Öffentlichen Begegnungsstätte in Kevelaer. Laut und deutlich nennt er seinen Namen und fügt selbstsicher noch einige Informationen zu seiner Person hinzu: "Ich bin 14 Jahre alt und möchte gerne Fotograf werden." Anschließend verlässt er mit einem guten Gefühl wieder die Bühne.
Ein Applaus seiner Klassenkameraden ist ihm sicher und ein Lob von Petra Lemke erst recht: "Das hast du schon sehr gut gemacht." 23 Schülerinnen und Schüler der Klasse 8a von der Gemeinschaftshauptschule Kevelaer trainierten in der vergangenen Woche ihr Auftreten bei Bewerbungsgesprächen. Petra Lemke, Sozialwissenschaftlerin und Theaterpädagogin, und Mike Becker, Lehrbeauftragter verschiedener Fortbildungseinrichtungen und Gesundheitspfleger, entwickelten schon vor Jahren ein theaterpädagogisches Training für Vorstellungsgespräche.
"An unserer Schule führen wir diese Art von Bewerbungstraining zum ersten Mal durch", erklärt der Sozialpädagoge der Kevelaerer Gemeinschaftshauptschule, Herbert Johnen. Finanziert wurde diese Aktion von der Gelsenwasser-Stiftung. An drei aufeinanderfolgenden Tagen lernten die 13- bis 15-Jährigen, sich möglichst positiv zu präsentieren. "Das ist gar nicht so einfach für Jugendliche in diesem Alter", weiß Herbert Johnen zu berichten. Auf vieles muss geachtet werden. "Körperhaltung, Auftreten, Ausdruck, alles muss zum richtigen Zeitpunkt übereinstimmen" erklärt der Sozialpädagoge.
Schon das Vorstellen vor den Klassenkameraden erwies sich als ungewöhnlich. "Na ja, eigentlich kennt man ja alle in der Klasse", sagt der Schüler Jens B.. Dennoch kommt auch er um eine Vorstellungsrunde nicht herum. Erste Bewährungsprobe bestanden.
Schon im Herbst letzten Jahres besuchten die Schüler ein Berufsorientierungscamp in Neukirchen-Vluyn. Hier lernten sie ihre Fähigkeiten einzuschätzen und diese in ihrem gegebenenfalls richtigen Beruf einzusetzen. "Doch ein Meilenstein in der Berufswahl ist das Vorstellungsgespräch", erklären die Leiter des Bewerbungstrainings.
Die Klassenlehrerin Pia Heine betritt in gebückter Haltung, kaum die Füße hebend die Bühne. Nuschelnd und leise, den Kopf nach unten gerichtet, stellt sie sich vor und verlässt mit noch weniger Elan die Bühne wieder. "Oh nein, was war das denn?", fragten die Mädchen und Jungen in die Runde. "Würdet ihr mich so einstellen?", lautet die Gegenfrage der Klassenlehrerin. "Auf gar keinen Fall", erwidern die Schüler. Deutlicher kann man den Jugendlichen wohl nicht vermitteln, wie wichtig ein gutes Auftreten beim Vorstellungsgespräch ist.
"Aufrechte Haltung, Blickkontakt, deutliche Sprache" betont Petra Lemke, "das ist ganz wichtig. Stellt euch vor ein Landschaftsgartenbauer präsentiert sich mit hängenden Schultern im Vorstellungsgespräch, er wirkt kraft- und lustlos", führt sie weiter fort. Die Szenen und Worte beeindrucken die Achtklässler.
Die 15-jährige Lara H. die mal Floristin werden möchte, hat schon Bühnenerfahrung im Schultheater gesammelt. Das kommt ihr beim Trainig zugute. "Dennoch nehme ich hier ganz viel mit, denn jetzt weiß ich worauf es ankommt" erklärt sie selbstsicher. Auch die Garderobe muss stimmen. Einige haben schon was mitgebracht. Jens B. hat sein Sakko angezogen, Justin M. legt Wert auf eine gute Hose. "Saubere Schuhe sind auch ganz wichtig", betont Dustin B., der sein Erlerntes schon mal für einen Ferienjob nutzen möchte.
Zur Sicherheit wird alles mit einer Videokamera aufgenommen. "Die Aufnahmen werden später analysiert, denn so kann jeder noch an seinem Auftritt arbeiten", erklärt Herbert Johnen. Kein trockenes Bewerbungstraining für die Jugendlichen, sondern eine realistische Vorbereitung für das wohl wichtigste Gespräch im beginnenden Berufsleben.