Theaterpädagogische Methoden für eine Schule der Vielfalt- Theaterpädagogisches Training gegen Rassismus mit Schülern des 7.-10. Jahrgangs

Ansprechpartner:

Frau Mühlenbrock

Institution:

Hauptschule an der Grillostraße

  • Grillostraße 111
    45881 Gelsenkirchen

Beschreibung und Ziele:

Das Projekt bringt Schülerinnen und Schüler vor Ort zusammen und schafft nicht nur neue Kooperationsformen zwischen ihnen, sondern auch neue Lern- und Lehrräume zum Thema Rassismus, für mehr Vielfalt und weniger Ausgrenzung. Die Trainingstage ergänzen bereits bestehende Aktivitäten der Schule gegen Rassismus und richten sich gezielt an Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 7-10 Die teilnehmenden Schüler und Schülerinnen bringen ihre Kompetenzen ein und können mit Hilfe der Kompetenzen der jeweils anderen ihre Defizite abbauen und Qualitäten ausbauen und diese über die Projekttage hinaus gegebenenfalls als Multiplikatoren nicht nur im Schulalltag einsetzen. Das theaterpädagogische Arbeiten orientiert sich dabei an dem Konzept Augusto Boals: Das ursprünglich als politisches Instrument entwickelte "Theater der Unterdrückten" war in seinen Anfängen als Theater gegen Rassismus gedacht und wurde in den letzten Jahren durch introspektive Techniken um den psychosozialen Bereich erweitert. Diplom-Sozialwissenschaftlerin und Theaterpädagogin Petra Lemke hat die Boalschen Methoden an der Universität Essen-Duisburg kennengelernt und ist Mitbegründerin des "Duisburger Modells" nach Dr. Bernd Kern. Gemeinsam haben sie die Konzeption erarbeitet und passen bei sich neu entwickelnden Fragestellungen das Konzept immer wieder neu an. So wird mit dem Projekt das Thema "Rassismus" sowohl in seiner gesellschaftlichen, als auch der persönlichen Bedeutung bearbeitet und bekommt über evtl. Unterrichtsinhalte hinaus einen konkreten Charakter für den Einzelnen: Das Verständnis hinsichtlich des Themas findet nicht nur abstrakt außerhalb des eigenen Bezugsrahmens statt, sondern betrifft die Schülerinnen und Schüler jeden Tag neu im eigenen Erlebnisfeld, sei es auf dem Schulhof, auf den Fluren oder in den Klassenräumen oder auch im Freizeitbereich. Bewegungsübungen und das Verkörpern innerer Bilder im Statuentheater lassen Vertrauen in sich und das Gegenüber wachsen und führen behutsam in den theaterpädagogisch themenbezogenen Prozess ein. Im Verlauf des Prozesses wird das Thema aus der Betroffenheit der Teilnehmer heraus szenisch weiter erarbeitet. Somit erschließt sich das Thema "Rassismus" nicht nur auf der kognitiven Ebene, sondern auch auf der körperlichen: das Denken und das Körpererleben werden miteinander verknüpft. Aus Alltagsdramen werden erinnerungswerte Geschenke und Geschichten des Lebens zum Leben erweckt. Insbesondere werden Beziehungen zwischen Menschen thematisiert, ihre Interkulturalität, ihren Motivationen und Entscheidungen an wichtigen Wendepunkten des Lebens gemeinsam reflektiert und damit die Erfahrung einzelner gewürdigt. Das theatrale Spiel eröffnet hierbei Möglichkeiten zur Reflexion. Eine größere Klarheit über eigene Befindlichkeiten schafft Raum für weitergehende Gespräche und Begegnungen.

Ziel ist es die eigenen und fremden Ressourcen zu erkennen und zu stärken, und scheinbare Defizite "des unbekannten Anderen" in Stärken zu verwandeln. Der Einzelne wird in seiner Wahrnehmung geschult, Strukturen und Mechanismen von Rassismus zu erkennen. Gleichzeitig werden gemeinsam Aspekte herausgearbeitet, die Begegnung unterschiedlicher Nationalitäten und Kulturen fördern und auch verhindern können. Mit einem frühen Erkennen von Bedingungen, die ausgrenzende Situationen begünstigen, werden die Schülerinnen und Schüler zu Toleranz und Interesse gegenüber dem anderen herangeführt. Sie lernen gemeinsam, aktiv auch fremde Situationen beeinflussen zu können, ohne Ignoranz und Ablehnung herbeizuführen. Ziel des Projektes ist das Erwerben einer Handlungskompetenz, nicht nur die Teilnehmerinnen darin zu unterstützen aus der eigenen Passivität herauszutreten und zu einem handlungsfähigen Akteur zu werden. Neues Verhalten übt er im Rollenspiel und erprobt es für den Alltag. Innere Prozesse werden im szenischen Aufbau äußerlich sichtbar und werden somit nicht nur für den Akteur, sondern auch für die anderen Interaktionspartner transparent - eine ergänzende Kommunikationsplattform wird für alle Beteiligten nachvollziehbar geschaffen. Gleichzeitig wirkt das Projekt gemeinschaftsstiftend auf die entstehende Gruppe und darüber hinaus: Das gemeinsame Erleben die Fremdheit des anderen in Begegnung verwandelt zu haben, stärkt das Bewusstsein für den anderen in der Gruppe und somit die Verantwortung für die Gemeinschaft. Die Ziele des Projektes sind demnach vielfältig: - Entwicklung von Zivilcourage bei sich und anderen - Entwicklung einer Sichtweise, Vielfalt als Bereicherung wahrzunehmen - Schulung der Selbst- und Fremdwahrnehmung - Soziales Kompetenztraining - Konflikttraining - Stärkung der eigenen Schlüsselkompetenzen - Stärkung des Gemeinschaftserlebens im regionalen Raum

Wie wurden die Kinder in das Projekt eingebunden?

Die Jugendlichen sind in Form interaktiver Prozesse an dem Projekt beteiligt: In jeder Phase, sowohl bei den einführenden Körperübungen, beim Statuentheater, als auch beim szenischen Aufbau ist die ganze Gruppe in den Prozess mit einbezogen. Zur Durchführung des Projektes wird die Gruppe geteilt. Phasenweise werden die Kleingruppen zusammengeführt, ihre erarbeiteten Inhalte vorzustellen und gemeinsam zu reflektieren. Reflexionsrunden werden wiederholt auch in den Kleingruppen durchgeführt, den Erkenntnisprozess zu vertiefen.

Rückblick:

Mit Spiel und Spaß begannen die Tage zum Thema "Schule der Vielfalt - gegen Rassismus". Eigene Vorlieben wurde zunächst wahrgenommen und szenisch umgesetzt. Dabei ging es darum, achtsam mit sich selbst und mit dem anderen zu sein.
Spielerisch fanden sich die Kinder dann auch in fremde Rollen ein und stellten Gefühle trotz Maske pantomisch dar und stellten fest, welche Vielfalt es in den Ausdrucksformen gibt. Sie wurden mutiger sich zu zeigen, was während der Pandemie zunehmend in den Hintergrund getreten ist.
Da viele Schüler sich vor der Pandemie in den bereits installierten Angeboten der Buddy-Initiative engagiert haben, und hier einen guten Job gemacht hatten, wurde sich im Weiteren szenisch mit weiteren Berufen beschäftigt und diese in Szenen dargestellt. Schließlich wird es nach den Ferien weitergehen, was sich alle sehr wünschen, dass die von den Schülern organisierte Spieleausleihe und das Kiosk wieder öffnen dürfen. Aber nicht nur hier treten die Schüler als Multiplikatoren für "Vielfalt" auf und ein, auch in anderen Alltagssituationen, die weniger einfach sind. Genau das wird szenisch inszeniert und gemeinsam reflektiert, welche respektvollen und toleranten Verhaltensweisen möglich sind und diese an anderen weiterzugeben, ganz nach dem Schulmotto der Hauptschule Grillostraße "Aufeinander achten, füreinander da sein, miteinander lernen".