Kindergarten St. Marien
In unserer integrativ arbeitenden Einrichtung betreuen wir zur Zeit 46 Kinder im Alter von 2 bis 6 Jahren. In den letzten Jahren beobachten wir vermehrt, dass viele Kinder Auffälligkeiten in der Körperkoordination zeigen, vor allem die Zusammenarbeit der Körperhälften rechts/links oder oben/unten ist oft nicht gut ausgeprägt. Dieses zeigt sich darin, dass die Kinder Überkreuzbewegungen meiden oder verweigern, aber auch in alltäglichen Dingen wie dem Bewältigen einer Treppe im Wechselschritt oder der Fähigkeit, mit einer Schere etwas auszuschneiden. Des Weiteren zeigen viele Kinder heutzutage eine hohe Gleichgewichtsverunsicherung und mangelnde Körperkraft, welche zu Haltungsschwächen führt. Weil wir uns zum Ziel gesetzt haben, die uns anvertrauten Kinder optimal auf die Schule und das spätere Leben vorzubereiten, legen wir viel Wert auf die Förderung der koordinativen Fähigkeiten der Kinder sowie auf die Stärkung des Vestibulärsystems und der Muskulatur. Nur Kinder, deren Bewegungsabläufe automatisiert sind, deren frühkindliche Reflexe ausgereift sind und deren Vestibulärsystem adäquat funktioniert, sind in der Lage, später in der Schule dem Unterricht zu folgen und das erworbene Wissen zu verarbeiten und zu verinnerlichen. In dem Wissen, wie wichtig gerade der Erwerb und die Ausübung kontralateraler Bewegungsmuster für die o.g. Fähigkeiten sind, möchten wir einen mobilen Kletterparcours für unseren Bewegungsraum anschaffen, bestehend aus verschiedenen Kletterböcken, in die zusätzliche Elemente Leitern, Netze… eingehängt werden können. Durch die kontralateralen Bewegungen beim Klettern verbessert sich die Zusammenarbeit der Körperhälften, welche Einfluss auf folgende schulische Leistungen hat: schreiben, abschreiben, lesen, sowie auf die Konzentrationsfähigkeit. Ebenso werden durch das Klettern die Muskelkraft und der Gleichgewichtssinn geschult und gestärkt. Muskelkraft benötigen wir in allen Lebensbereichen, in der Schule schon alleine zum aufrechten Sitzen auf dem Stuhl. Ebenfalls gehört zum Sitzen auf dem Stuhl, dass der Symmeterisch-tonische Nackenreflex und der Asymmetrisch-tonische Nackenreflex ausgereift sind und das Kind nicht bei jeder Bewegung des Kopfes beeinflussen. Auch für die Ausreifung o.g. Reflexe ist Klettern sehr wichtig. Wer schon einmal auf einer instabilen Unterlage stehend versucht hat, zu rechnen, ein Gedicht aufzusagen oder Vokabeln zu lernen, weiß, wie wichtig ein stabiles Gleichgewichtssystem für die Erbringung kognitiver Leistungen ist. Auch hier erreichen wir durch Klettern und Balancieren einen positiven Effekt. Beim Einsatz eines mobilen Kletterparcours kann auf die individuellen Bedürfnisse und Wünsche der Kinder eingegangen werden, z.B. indem man den Schwierigkeitsgrad anpasst. Die Kinder werden zu Handlungsplanung angeregt und verbessern nebenbei ihre sprachlichen und kommunikativen Fähigkeiten, weil sie sich beim Gestalten des Parcours absprechen müssen. Beim Einsatz des mobilen Parcours können Geschichten erfunden oder nachgespielt werden. Auch dieses fördert Sprache und Kommunikation. Zusammenfassend kann man sagen, dass mit dem Einsatz eines mobilen Kletterparcours alle Kinder, unabhängig von Alter, sozialer / kultureller Herkunft und individueller Fähigkeiten erreicht und in diversen Bereichen gefördert werden.
Förderung des Vestibulärsystems, der kontralateralen Bewegungsmuster, der Körperkraft/ -koordination und der neurophysiologischen Entwicklung als Basis fürs Lernen.
Die Kinder können sich durch die Mobilität und Variabilität des Kletterparcours ihre eigene Spielwelt gestalten. Sie können Erlebnisse nachspielen, Geschichten erfinden oder einfach abenteuerliche Klettertouren unternehmen. Sie erwerben Material-, Sach- und Ich-Kompetenz, was in der Folge zu einer erweiterten Handlungskompetenz führt. Die Kinder handeln selbstwirksam und kommunikativ, helfen sich gegenseitig und tauschen sich über ihre Ideen und Erlebnisse aus.
Im Spätsommer 2020 bekamen wir unsere langersehnte mobile Kletterlandschaft geliefert. Welch eine Freude für die Kinder.
Sobald die Kletterlandschaft Einzug in unseren Bewegungsraum gehalten hatte, gab es für die Kinder kein Halten mehr. Mit Begeisterung kletterten sie auf die Hindernisse und rutschten oder sprangen wieder herab. Einige Kinder waren zu Beginn etwas zurückhaltend, trauten sich aber nach und nach immer mehr zu. So werden die einzuhängenden Elemente jeweils den Bedürfnissen der Kinder angepasst.
Auch die Wippe mit aufgelegtem Brett wurde von Anfang an gut genutzt. Manche Kinder versuchten sie erst krabbelnd zu überwinden, bis sie sich nach einigen gelungenen Versuchen zutrauten, aufrecht darüber zugehen.
Der Kletterbogen wird von den Kindern sehr variabel genutzt. Zum einen als echte Herausforderung beim Klettern, wenn er auf die Böcke aufgestellt wird, zum anderen aber auch gerne freistehend als Wippe, in der man nebeneinander oder sich gegenübersitzend wippen kann, was nebenbei noch das Sozialverhalten der Kinder schult Kontakt, Rücksichtnahme.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Kletterlandschaft eine Bereicherung für unseren Kindergarten darstellt. Durch ihren hohen Aufforderungscharakter motiviert sie alle Kinder, sich zu bewegen. Es ist für uns eine Freude, zu beobachten, wie die Kinder immer mutiger und selbstsicherer werden. Sie warten, bis sie an der Reihe sind, helfen sich gegenseitig und nehmen Rücksicht aufeinander.
Wir bedanken uns vielmals dafür, dass wir nun die Möglichkeit haben, den Kindern diese Erlebnisse und Erfahrungen verschaffen zu können.