Musicalprojekt "Rock it - MLKS"

Ansprechpartner:

Frau Joeck

Institution:

Martin-Luther-King-Schule

  • Georg-Herwegh-Straße 67
    45772 Marl

Beschreibung und Ziele:

Die Martin-Luther-King-Schule ist eine Schule in herausfordernder Lage. Wir unterrichten Schüler/innen aus vielen verschiedenen Ländern und sind seit dem Schuljahr 2010/2011 auch eine Schule des "Gemeinsamen Lernens". Seit dem Schuljahr 2015/2016 unterrichten wir Schüler/innen mit Fluchterfahrungen. Um auf diese große Vielfalt angemessen zu reagieren, hat sich die Schule seit dem Schuljahr 2013/2014 auf den Weg gemacht und im Rahmen der Unterrichtsentwicklung ein sogenanntes Lernzeitenkonzept konzipiert. Intention dieser Unterrichtsform ist es, das aktive Lernen der Schüler/innen zu fördern und die Kinder zu befähigen, ihre eigene Lernlaufbahn eigenverantwortlich und transparent zu gestalten. Aufgrund der starken Heterogenität vor allem in Bezug auf die Sprachlichkeit unser Schüler/innen ist eine ganzheitliche Förderung/Forderung im Rahmen von Theaterpädagogik eine große Chance. Bei einem großen Anteil unserer Schülerschaft, insbesondere bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund, sind neben mangelnder Kompetenz in den Fertigkeiten Schreiben und Lesen auch Defizite in der Sprach- und Sprechfertigkeit. Diese werden auf Grund von Kompensations- und Vermeidungsstrategien beim Sprechen jedoch häufig überhört. Bei genauerem Hinhören fällt auf, dass häufig weder grammatische Strukturen, z.B. Satzbau, noch verschiedene soziale Register beherrscht werden. Diese Fähigkeiten und Fertigkeiten können mit theaterpädagogischen Methoden gefördert und eingeübt werden vgl. Scheller 1998, 44 ff.. Nach Scheller findet Lernen immer in "Szenen" statt, "in die Lernende und Lehrende mit all ihren Sinnen eingebunden" sind. Das heißt, dass nicht nur die Inhalte relevant sind, "sondern immer auch der Raum, die Zeit, Gegenstände, das Auftreten und die körperlichen, gestischen, mimischen und sprachlichen Handlungen und Interaktionen der Personen. Diese Wahrnehmungen unterstützen die Erinnerung, rufen Gefühle, Phantasien, Gedanken und Übertragungen hervor." Scheller, S. 46 Die theaterpädagogische Arbeit ermöglicht die multisensorische Dimension des Lehrens und Lernens wahrzunehmen und zu nutzen. Die Selbst- und Fremdwahrnehmung wird geschult, grammatische Strukturen werden erlernt und eingeübt, der Wortschatz wird erweitert. Diese ganzheitliche Förderung/Forderung soll im Rahmen eines Musicalprojekts realisiert werden: Schon im letzten Schuljahr hatten Schüler/innen aus dem 6. Jahrgang mehrere Auftritte eines Singspiels, angelehnt an das christlich orientierte Musical "eIN eNGel?" von Sonja Kisch und Christa Merle, in der Schule und auf dem Stadtteilfest. Bei diesen Auftritten haben die Kinder hauptsächlich gelesen, gemeinsam und solistisch gesungen, Instrumente gespielt und getanzt. Am Ende des vergangenen Schuljahres wurde zur "Belohnung" gemeinsam der deutsche Musical-Film "Rock it" geschaut - die Kinder waren sehr begeistert, sowohl von der Story als auch von der Musik. Und schon war die Idee geboren: "Diese Geschichte wollen wir gerne spielen und aufführen" Aussage der Schüler/innen. Gemeinsam mit einigen Schüler/innen soll die Geschichte des Musicals auf unsere schulischen Bedingungen umgeschrieben werden - Spielort ist unser Schulforum, in dem die Aufführungen stattfinden. Die Kinder üben nach und nach die Instrumentalstimmen der Musiknummern ein, die Tanzchoreographien werden parallel dazu, teilweise im Sportunterricht, erarbeitet. Die Lieder werden im Musikunterricht chorisch und solistisch einstudiert. Das Schauspielern sollten die Kinder im Idealfall unter fachkundiger Führung erfahren können. Mit dem Theaterpädagogen Herrn Michael Kallweitt wurde diesbezüglich schon Kontakt aufgenommen. Unter seiner Leitung könnten die Kinder im schauspielerischen Bereich die Elemente "Präsenz" und "Sprechen" spielerisch erfahren, üben und somit positiv in das Gesamtkonzept einbringen. Auch im Bereich "Gestaltung" könnten sie nachhaltige Erfahrungen sammeln, wenn es darum geht, Rollenidentifikation durch eigenes Gestalten sprachliche und körpersprachliche Interpretation ihrer Rollen zu üben. Während anfangs noch fest formulierte Dialoge eingeübt werden, sollen die Kinder mehr und mehr dazu übergehen, die Rollen ohne feste Dialoge, also über Improvisation, zu gestalten. In der Interaktion mit ihm erfahren sie zudem eine fachliche Bestätigung außerhalb von Notendruck, der üblicherweise den Schulalltag bestimmt - gerade bei künstlerischen Leistungen, leider oft ein "struktureller Hemmschuh". Zudem könnten Kinder mit sprachlichen Problemen, ob aus psychischen, physischen oder Herkunfts-Gründen, durch die Arbeit mit Herrn Kallweitt gezielt in diesem Bereich gefördert werden.

Folgende Ziele werden zusammenfassend mit dem Musicalprojekt verfolgt: • Sprechfertigkeit: Erlernen und Reflexion sprachlicher Handlungen und Haltungen, Erweiterung des mündlichen Ausdrucksvermögens, Verbesserung der Aussprache und Intonation, Wortschatzerweiterung, Erlernen und Festigen grammatischer Strukturen • Persönlichkeitsentwicklung: Abbau von Sprechhemmungen und -blockaden, Steigerung der körpersprachlichen Ausdrucksfähigkeit • Soziale Kompetenz: Steigerung der Kommunikations- und Teamfähigkeit, Erlernen differenzierter sozialer Register und von Konfliktlösungsstrategien • Lernkompetenz: Steigerung von Konzentration und Motivation, Erweiterung des Lernmethodenrepertoires • Entwicklung und Ausbau von Selbstwertgefühl und -bewusstsein

Wie wurden die Kinder in das Projekt eingebunden?

Gemeinsam mit einigen Schüler/innen soll die Geschichte des Musicals auf unsere schulischen Bedingungen umgeschrieben werden. Die Kinder üben nach und nach die Instrumentalstimmen der Musiknummern ein, die Tanzchoreographien werden parallel dazu, teilweise im Sportunterricht, erarbeitet. Die Lieder werden im Musikunterricht chorisch und solistisch einstudiert.

Rückblick:

Von Beginn des Schuljahres 2018/2019 erarbeiteten einige Schüler/innen des 6. Jahrgangs der Martin-Luther-King-Schule Marl ein Musical mit dem Ziel einer schulinternen Präsentation zum Abschluss des Schuljahres. Im zweiten Halbjahr wurde dieses Projekt durch einen freiberuflichen Theaterpädagogen begleitet, der mit den beteiligten Schüler/innen grundlegende schauspielerische Fähigkeiten erarbeitete, um diese in ihrer darstellerischen Kompetenz und Ausdrucksfähigkeit zu stärken. Bezogen auf die Sparte Theater war zu Beginn des zweiten Halbjahres bereits ein Szenengerüst erstellt, Rollen zwei Besetzungen vorläufig verteilt und es gab bereits Text für einige Szenen.Für den Theaterpädagogen galt es zunächst, sich einen Überblick über die Klasse und den erreichten Stand des Projektes zu verschaffen. Neben dem praktischen Erlernen schauspielerischer Grundlagen Außenwirkung, Präsenz, Rollenarbeit, Selbst- und Fremdwahrnehmung, Sprechhaltung war es auch wichtig das negative Selbstbild einiger Mitwirkender zu hinterfragen, um ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, sich persönlich, aber auch ihr Verhältnis zum Lernen im schulischen Kontext neu zu erleben. Schließlich muss die gesamte Klasse im Probenprozess in die Lage versetzt werden, sich einzubringen und letztlich gemeinsam Verantwortung für das Endprodukt zu tragen. Ein guter Schritt für das Gelingen dieses Ansatzes war die Möglichkeit, im Rahmen der Projektwoche vor den Osterferien einen ganzen Schultag miteinander zu arbeiten.
Bis zu den Endproben muss es nun gelingen, neben der Fortsetzung der vorgenannten Arbeit den Probenprozess insgesamt zu straffen und die Schülerinnen und Schüler unter Berücksichtigung ihrer individuellen Voraussetzungen und Neigungen verantwortlich in den Produktionsprozess einzubinden. Am 3. Juli 2019 fand schließlich die Premiere vor einem Publikum aus Eltern, Familien und dem Kollegium der Martin-Luther-King-Schule statt, die von der gesamten Gruppe erfolgreich gemeistert wurde.
Weitere Vorstellungen für Schülerinnen und Schülern aus Marler Grundschulen wurden gleich am nächsten Tag sowie am 8. und 9. Juli gegeben. Alle Vorstellungen waren bis auf den letzten Platz besetzt. Die Schülerinnen und Schüler haben viele positive Rückmeldungen erhalten.