Sekundarschulke Horstmar-Schöppingen
Medien sind allgegenwärtig und bestimmen den Rhythmus des Tages. LAN-Partys und Soziale Netzwerke als willkommene Plattform der Kommunikation. Doch pulsiert das Leben tatsächlich nur im Chatroom? Die digitale Welt scheint gruppendynamisches Miteinander und sinnliches Erleben abzulösen. Das ist der Stoff aus dem in der direkten Begegnung die Teilnehmer theaterpädagogisch ihre Erfahrungen auf die Bühne bringen und den Raum öffnen für Reflektion und bewusste Auseinandersetzung. Das theaterpädagogische Arbeiten orientiert sich an dem Konzept Augusto Boals: Das ursprünglich als politisches Instrument entwickelte "Theater der Unterdrückten" wurde in den letzten Jahren durch introspektive Techniken um den psychosozialen Bereich erweitert. Mit dem Projekt wird das Thema sowohl in seiner gesellschaftlichen, als auch der persönlichen Bedeutung bearbeitet und bekommt über evtl. Unterrichtsinhalte hinaus einen konkreten Charakter für den Einzelnen: Das Rollenverständnis findet nicht nur abstrakt außerhalb des eigenen Bezugsrahmens statt, sondern betrifft jeden Schüler jeden Tag neu im eigenen Erlebnisfeld. Bewegungsübungen und das Verkörpern innerer Bilder im Statuentheater lassen Vertrauen in sich und das Gegenüber wachsen und führen behutsam in den theaterpädagogisch themenbezogenen Prozess ein. Im Verlauf des Prozesses wird das Thema aus der Betroffenheit der Teilnehmer heraus szenisch weiter erarbeitet. Somit erschließt sich das Thema nicht nur auf der kognitiven Ebene, sondern auch auf der körperlichen: das Denken und das Körpererleben werden miteinander verknüpft. Aus den Alltagsdramen wie ein leeres Akku, kein Netzempfang oder was geschieht, wenn das Smartphone mal nicht in der Nacht am Kopfkissen liegt, werden Geschichten des Lebens zum Leben erweckt. Insbesondere werden Beziehungen zwischen Menschen thematisiert, ihre Haltungen, ihren Motivationen und Entscheidungen des Lebens gemeinsam reflektiert und damit die Erfahrung einzelner gewürdigt. Das theatrale Spiel eröffnet hierbei Möglichkeiten den eigenen Umgang mit dem Medium zu reflektieren. Eine größere Klarheit über eigene Befindlichkeiten schafft Raum für weitergehende Gespräche und Begegnungen. Universale Themen wie Sinnfindung im Leben oder ist mein Smartphone der Sinn meines Lebens, Freizeitgestaltung und soziale Kontakte sprechen über die persönliche Ebene hinaus kollektive Erfahrungen aller anderen Anwesenden an und bringen ein Verstehen und Verständnis und Vertrauen der Teilnehmer untereinander zum Ausdruck. Während des Prozesses werden die Jugendlichen nicht nur auf ihren persönlichen Umgang mit dem Medium "Smart-Phone" aufmerksam gemacht, sondern welche weitreichenden Wirkungen und Konsequenzen ein wenig bewusster Umgang mit dem Einstellen und gedankenlosen Umgehen von persönlichen Daten haben kann. Eine gemeinsame Abschlusspräsentation lässt alle Beteiligten, an das, was bewegt teilnehmen und eine verbindliche Begegnung auch über den offiziellen Projektrahmen hinaus wachsen.
Ziel ist es die eigenen und fremden Ressourcen zu erkennen und zu stärken, und einen weniger bewussten Umgang mit dem "Smart-Phone" in eine achtsame Handhabung zu verwandeln. Der Einzelne wird in seiner Wahrnehmung geschult, Strukturen und Mechanismen, die Begegnung fördern und auch verhindern können zu erkennen. Mit einem frühen Erkennen von Bedingungen, die ausgrenzende Situationen begünstigen, werden die Teilnehmer zu Toleranz und Interesse gegenüber dem anderen herangeführt. Die Schüler lernen gemeinsam, aktiv auch fremde Situationen beeinflussen zu können, ohne Ignoranz und Ablehnung herbeizuführen. Ziel des Projektes ist auch das Erwerben einer Handlungskompetenz, die den Einzelnen darin unterstützt aus der eigenen Passivität herauszutreten und zu einem handlungsfähigen Akteur zu werden. Neues Verhalten übt er im Rollenspiel und erprobt es für den Alltag. Innere Prozesse werden im szenischen Aufbau äußerlich sichtbar und werden somit nicht nur für den Akteur, sondern auch für die anderen Interaktionspartner transparent - eine ergänzende Kommunikationsplattform wird für alle Beteiligten nachvollziehbar geschaffen. Gleichzeitig wirkt das Projekt gemeinschaftsstiftend auf die entstehende Gruppe und darüber hinaus: Das gemeinsame Erleben die Fremdheit des anderen in Begegnung verwandelt zu haben, stärkt das Bewusstsein für den anderen in der Gruppe und somit die Verantwortung für die Gemeinschaft. Die Ziele des Projektes sind demnach vielfältig: - Stärkung des bewussten Umgangs mit den digitalen Medien - Schulung der Selbst- und Fremdwahrnehmung - Soziales Kompetenztraining, Entwicklung von Zivilcourage - Stärkung des Gemeinschaftserlebens in der Gruppe
Die Jugendlichen sind in Form interaktiver Prozesse an dem Projekt beteiligt: In jeder Phase, sowohl bei den einführenden Körperübungen, beim Statuentheater, als auch beim szenischen Aufbau ist die ganze Gruppe in den Prozess mit einbezogen. Zur Durchführung des Projektes wird die Gruppe geteilt. Phasenweise werden die beiden Gruppen zusammengeführt, ihre erarbeiteten Inhalte vorzustellen und gemeinsam zu reflektieren. Reflexionsrunden werden wiederholt in den Kleingruppen durchgeführt, den Erkenntnisprozess zu vertiefen. Tanz, Gesang und szenisches Spiel soll eine gemeinsame Stückproduktion aus der Lebenswelt der Teilnehmer abrunden.
„Zum theaterpädagogischen Projekt `Smartes Phone - Smarter Talk` trafen sich an diesen Projekttagen Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Horstmar/Schöppingen aus unterschiedlichsten Herkunftsländern in großer Runde. Mit den Mitteln des Theaters lernten sich alle zunächst spielerisch kennen und wurden zu einem fröhlichen Team. Schnell wurde klar, das Handy ist allgegenwärtig und prägt den Alltag und das Miteinander oft mehr als es sich alle wünschen. Ein direkter „gefühlter Kontakt“ wird unmöglich und nur scheinbar über das Display suggeriert. Das Riechen, Schmecken und Berühren, atmosphärische Einschwingen auf den anderen, auf Situationen fällt weg und ein mitfühlendes Wahrnehmen wird über den Bildschirm verhindert. An den Projekttagen wurden alle Sinne mit spannenden Spielen und Wahrnehmungsübungen aus dem Theater wiederentdeckt und mobilisiert. Mit großem Engagement ließen sich alle auf das pantomimische Spiel und kleine szenische Sequenzen aus dem Alltag ein, die deutlich machten, was für Möglichkeiten sich im direkten Kontakt entwickeln können. Bei allen Unsicherheiten und Ängsten vor Verletzungen in Begegnungen konnte das Vertrauen und die Freude im Miteinander an der Tagen weiter wachsen. Das neu gewonnene Vertrauen war die Basis für so manch kreative Idee, sich auf den anderen einzulassen. Parallel wurde auch der bewusste Umgang mit dem Handy szenisch im Forumtheater gemeinsam angeschaut und reflektiert.“