Ev.Kindertagesstätte Hansastraße
Wir möchten ein Trampolin für unsere Kinder anschaffen , um hüpfend und springend Spaß an Sprache zu vermitteln. Silben sollen gehüpft werden, Anlaute gebildet, Hüpflieder gesungen z.B. Teddybär dreh´dich um Einwortsätze gerufen, kleine Geschichten erfunden und das Gefühl zwischen Rhythmus und Sprache durch Bewegung erlernt werden. Somit wird die Lust und Freude der Kinder an Bewegung mit der Sprachanbahnung und Sprachförderung verknüpft.
Die Sprache und das Gleichgewicht möchten wir durch Bewegung fördern. Außerdem wird den Kindern Rhythmusgefühl durch das Springen auf dem Trampolin vermittelt. Durch An-und Auslautbildung und das Silbenhüpfen wird die phonologische Bewusstheit gefördert. Die Verbindung von Sprache und Bewegung macht den Kindern viel Spaß und das Lernen wird dadurch nicht als Anstrengung empfunden.
Die Kinder sind die Protagonisten. Sie hüpfen selbständig nach einer kurzen Einführung. Nachdem sie sich beim Hüpfen sicher fühlen, werden durch verschiedene Aufgabenstellungen oder Spielimpulse Lieder gesungen, Reime erfunden während des Hüpfens oder Ausrufe getätigt wie oben bereits kurz beschrieben. Die Kinder bringen sich über Sprache und Bewegung gleichzeitig mit ein. Auch Kinder mit Migrationshintergrund haben eine gute Möglichkeit Deutsch als Zweitsprache spielerisch zu erlernen.
Projektbeschreibung
"Geschichten in Bewegung bringen"
Eine bewegungsorientierte Sprachförderung auf dem Trampolin
Ziel des Projekts
Die Sprachförderung ist eine der wichtigsten Bildungsziele in der Elementarpädagogik. Kindern, die die deutsche Sprache altersgemäß beherrschen, fällt das Lernen in einer der hier ansässigen Schulen leichter. Gute Sprachkenntnisse sind eine Grundvoraussetzung für den Erfolg in der Schule. Sprache ist somit der Schlüssel für späteren Bildungserfolg.
Der Schwerpunkt der Sprachförderung liegt in der Unterstützung von Kindern, die die deutsche Sprache als Zweitsprache erwerben, sowie auch von deutschsprachigen Kindern, die die Muttersprache nicht ausreichend beherrschen oder Sprach- und Sprechauffälligkeiten zeigen. Es ist notwendig, alle Kinder auf den Sprachebenen Aussprache, Wortschatz, Grammatik und Sprachverständnis zu fördern. Vor allem aber geht es darum, bei den Kindern die Freude am Sprechen und an Sprache zu wecken.
Uns als Bildungseinrichtung ist es ein Anliegen, Kindern die Sprache als positives Erlebnis näher zu bringen. Somit soll Sprachförderung als lustvoll erlebt werden, spielerisch erfolgen, sie soll ein Kind anregen, motivieren und vor allem Spaß machen.
Eine geeignete Fördermöglichkeit, die diese Kriterien erfüllt, ist eine bewegungsorientierte Sprachförderung. Diese spricht ein Kind in seiner Ganzheitlichkeit an und kommt dem kindlichen Wesen sehr nah. Nach Renate Zimmer spielt Bewegung in keiner anderen Lebensstufe eine so große Rolle wie in der Kindheit. "Das Kind entdeckt sich und die Welt durch Bewegung, es eignet sich seine Umwelt über seinen Körper und seine Sinne an." Zimmer 1995. In der Bewegung macht das Kind vielfältige sensomotorische Erfahrungen. Diese sind eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung von Sprache. Das ungestörte Zusammenwirken aller sensorische Systeme ist für die Entwicklung von Wortverständnis, Sprache und Sprechen wichtig.
Das Trampolin als ideales Übungsobjekt
Verknüpfung von Bewegung und Sprache
Ein geeignetes Übungsgerät in der bewegungsorientierten Sprachförderung stellt das Trampolin dar. Es übt eine große Faszination auf das Kind aus. Darüber hinaus kommt es dem ganzheitlichen Lernen entgegen. Das Lernen in der Zusammenarbeit vieler Sinne hat einen besonders großen Lerneffekt. Beim Bewegen auf dem Trampolin werden die basalen Wahrnehmungsbereiche wie das taktile, kinästhetische und vestibuläre Sinnessystem in besonderer Weise angesprochen. Der Körper muss sich auf Gegebenheiten beim Trampolinspringen umstellen und einstellen, die Bewegung und Bewegungsabläufe müssen stets abgestimmt werden. Kraftdosierung und Bewegungssteuerung werden trainiert, damit wird die Koordination geübt.
Eine gute Koordinationsfähigkeit ist wiederum eine Voraussetzung für den unbeschwerten Erwerb der Sprache. Sprechen zu können erfordert eine Feinanpassung der Muskulatur im orofazilen Bereich. Die vielen Rezeptoren im Mundinnenraum ermöglichen eine genaue Wahrnehmung, aufgrund dessen feinste Bewegungen im Mundbereich ausgeführt werden können. Diese sind wichtig zur Lautbildung und für eine deutliche Aussprache.
Verknüpfung von Rhythmus und Sprache
Weiterhin ist das Trampolin in besonderer Form dazu geeignet, den Kindern ein Rhythmusgefühl zu vermitteln. Beim Springen auf dem Trampolin muss ein vorgegebener Rhythmus erfasst und motorisch reproduziert werden. Bei jeder Bewegung ist Rhythmus grundlegend, durch einen permanenten Wechsel von Anspannung und Entspannung der Muskulatur. Mit dem Erfassen und Umsetzen des Rhythmus einer Bewegung wächst die Bewegungsqualität.
Rhythmusgefühl und Sprache stehen in enger Verbindung. Nach Breuer-Weuffen ist Rhythmusgefühl eine Vorläuferfunktion für das Sprechen. Auch die Sprache besteht aus rhythmischen Elementen. Melodie, Rhythmus und Akzentuierung sind die Klangmerkmale von Sprache. Ein Gefühl für Rhythmus hilft dem Kind, den Aufbau der Sprache zu erkennen, einzelne Elemente der Sprache wie Laute und Silben zu segmentieren und so eine phonologische Bewusstheit zu entwickeln, die für einen erfolgreichen Schriftspracherwerb unerlässlich ist. Verbessert sich das Rhythmusgefühl, verbessern sich auch die sprachlichen Fähigkeiten eines Kindes.
Verlauf des Projekts - Einblicke und Beispiele
- Kennenlernen des Gerätes und Aufstellen von Regeln
Experimentieren und Ausprobieren
Kennenlernen der Sicherheitsregeln
Möglichkeiten der Bewegung auf dem Trampolin gemeinsam entdecken
Gemeinsames Regeln aufstellen für den Umgang mit dem Trampolin
Beispiel:
Um die Sprungzeit auf dem Trampolin auf alle teilnehmenden Kinder gerecht zu verteilen, hatten die Kinder die Idee eine Sanduhr zu benutzen. Sobald diese abläuft, sollte ein Abzählreim gesprochen werden, wie beispielsweise:
Inne, minne, miste
Es rappelt in der Kiste
Inne, minne meck und du bist weg!
Später fingen die Kinder an, eigene "Ablösereime" zu erfinden. Sobald dieser gesprochen wird, verlässt das springende Kind das Trampolin und ein anderes Kind ist an der Reihe. Diese Verse haben die Kinder erfunden:
Springen, hüpfen, 1 2 3.
Damit ist es jetzt vorbei.
Wer tritt nun als nächster ein?
Das wird unsere……………Name sein!
Sitz, steh
Sitz, steh,
jetzt noch einmal
und dann geh!
Lieder, Reime und Verse auf dem Trampolin
Sprechverse und Lieder eignen sich sehr gut zur Förderung der Sprache. Abzählverse, Reime, Sprechverse und Lieder nutzen die Silbe als rhythmische Einheit. Der Sprech- und Singrhythmus gibt den Kindern eine Struktur vor, an der sie sich orientieren können. Die rhythmischen Muster übernehmen die Kinder und erschließen sich die Sprache.
Die beste Motivation für weiteres sprachliches Lernen ist die Entdeckung eines Kindes, dass es mit Sprache spielen kann. Ein Kind, dem bewusst wird, dass durch Artikulation, durch Veränderung der Stimme, Tonlage und Wortwahl ein Experimentieren und kreatives Umgehen mit Sprache möglich wird, eignet sich die Feinheiten der Sprache an.
Reimwörter finden
Die ersten Spiele auf dem Trampolin bestanden darin, zu einem Wort ein passendes Reimwort zu finden. Mithilfe von Bildkarten oder anderen Materialien, später auch mit zugerufenen Wörtern, versuchte das Kind ein passendes Reimwort zu finden. Dabei durfte das hüpfende Kind auch die Hilfe der umstehenden Kinder in Anspruch nehmen. Auf diese Weise entdeckten die Kinder eine Vielzahl von Reimwörtern.
Anlaut- bzw Endlaut entdecken
Mithilfe von Bildkarten, später mit eigenen Ideen, versuchte das Kind auf dem Trampolin Worte mit bestimmten Anlauten bzw Endlauten zu finden und zu nennen. Auf diese Weise lernen die Kinder vielzählige neue Begriffe kennen, der aktive sowie auch passive Wortschatz erweitert sich. Weiterhin wird bei diesem Spiel die phonologische Bewusstheit entwickelt. Die auditive Aufmerksamkeit richtet sich auf den gesuchten Laut. Das Kind konzentriert sich auf die linguistischen Einheiten und begreift allmählich die Wortstruktur. Das erleichtert ihm den späteren Schriftspracherwerb in der Schule.
Silbenhüpfen
Das Silbenhüpfen von Wörtern ermöglicht es den Kindern, die Silbe als Einheit zu erfassen und Wörter in Silben zu zerlegen. Diese rhythmischen Strukturen können sie in Sprungbewegungen auf dem Trampolin umsetzen. Das Angebot an Worten bestand anfangs aus Bildkarten, später aus Begriffen, die die Kinder sich frei überlegten und schließlich aus Fantasie- und Quatschwörtern.
Verse und Lieder und "Reimspielerei"
Auf dem Trampolin lässt sich Sprache in Form von rhythmischen Versen und Liedern in kleine und große Bewegungen umsetzen.
Nachdem die Kinder beim Trampolinspringen anfangs bekannte Verse und Lieder gesprochen, gesungen und in Bewegung umgesetzt haben, wie beispielsweise "Morgens früh um 6" oder "Ich bin ein dicker Tanzbär, veränderten sie diese und entwickelten später eigene Reimverse:
Der Springvers
"Hoch und höher
auf und ab
bringen wir uns selbst auf Trab
Springe jetzt den Hampelmann
Schaut euch dieses Kunststück an!"
Geschichten erfinden und hüpfen
Eine Hasengeschichte
"Es war einmal ein Hase, der rümpfte seine Nase.
Er schaute in die Dose, mit dieser dicken Soße.
Die warf er schließlich weg, hinunter in den Dreck.
Was sollte er nun essen? Es gab gar nichts zum Fressen!
Er hoppelt in das Gras. Nun schmeckte ihm doch noch was!
Es schmeckte ihm sehr gut, das gab ihm neuen Mut.
Das Wasser war sein Saft, nun hatte er viel Kraft.
Er hüpft geradeaus, geradezu ins Haus.
Und die Geschichte ist aus!"
Eine Katzengeschichte
Diese Geschichte stellten die Kinder pantomimisch dar und sie passten ihre Hüpf- und Sprungbewegungen der Geschichte an, letztendlich kamen die Kinder zu dieser Version
"Die Katze schläft, sie spürt den Wind."
Kind liegt auf dem Trampolintuch, ein anderer bewegt es sanft durch leichte Bewegungen
"Sie träumt von der Maus, stellt sich hin geschwind."
im Vierfüßlerstand auf dem Trampolin, das Tuch wird weiter bewegt
"Sie steht auf um die Maus zu sehen und fängt an im Kreis rumzugehen."
aufrichten und kreisförmig auf dem Trampolin mit großen Schritten bewegen
Nun springt sie und will die Maus fangen, das Mäuslein muss um sein Leben bangen."
große Sprünge und Armbewegungen
"Dann ist die Maus auf einmal fort, die Katze schleicht zu einem anderen Ort."
Große Schleichschritte
Besonders große Freude hatten die Kinder am Weiterentwickeln des Spielliedes "Teddybär, Teddybär dreh dich um". Die Kinder hatten unzählige Ideen, was der Bär auf dem Trampolin noch alles machen könnte. Diese Ideen wurden in Reimform gebracht und auf dem Trampolin in Bewegung umgesetzt. Einige Beispiele:
Teddybär Teddybär schlaf jetzt ein, da müssen wir da müssen wir ganz leise sein.
Teddybär, Teddybär wird jetzt wach, Teddybär, Teddybär macht jetzt Krach.
Teddybär, Teddybär geht jetzt rum, immer im Kreis und macht brumm, brumm, brumm.
Fazit
Das Trampolin ermöglicht uns eine wertvolle Alternative, Sprachförderung im Kindergarten umzusetzen. Die Bewegungsfreude der Kinder kann in idealer Weise mit Sprechen und Sprache verknüpft werden. Das Trampolin wird mit großer Begeisterung von den Kindern angenommen. Sehr schnell gewöhnen sie sich an das Gerät, ihre Bewegungen werden zunehmend sicherer.
Die Kinder sind sehr motiviert, während des Trampolinspringens Sprachspiele zu machen. Da der Verlauf der Sprachspiele bewusst flexibel gehalten wird, sind die Kinder motiviert mit zu gestalten, Verse und Lieder um- und weiter zu gestalten. Sie benötigen manchmal nur einen kleinen Impuls, schnell schon entwickeln sie viele eigene Ideen. Das Erfinden von Geschichten und Versen macht ihnen besonders viel Spaß. Mit der Zeit wird die Benutzung des Trampolins von den Kindern ganz selbstverständlich mit Sprachspielen verbunden. Sie zeigen deutlich Spaß an Reimen und Liedern und am Spielen mit Sprache. Das Wiederholen der Sprachspiele festigt das spielerisch Erlernte, sodass sich längerfristig ein Lernerfolg einstellen wird.
Es stellt sich heraus, dass rhythmisches Hüpfen auf dem Trampolin entspannend auf die Kinder wirkte. Das springende Kind empfindet keinen Druck, eine gestellte Aufgabe erfüllen zu müssen. Auch zurückhaltende Kinder oder Kinder mit einer anderen Muttersprache beteiligen sich gerne am Projekt. Sie können sich einbringen und öffnen sich. Es scheint uns, als fühlen sich diese Kinder im gleichbleibenden Rhythmus des Hüpfens und im Sprachrhythmus wohl und sicher. Das Trampolin gibt ihnen die Möglichkeit, während des freudigen Hüpfens unbewusst Sprachschemata zu üben. Das rhythmische Hüpfen auf dem Trampolin stellt somit eine gute Grundlage für Sprech- und Sprachübungen dar.
Unser Dank gilt der Hundertwasser…..Stiftung, die uns mit einer großzügigen Spende die Anschaffung eines Trampolins möglich machte. Ein herzliches Dankeschön von den Kindern, Erziehern und Eltern des Evangelischen Familienzentrums Emmerich…