Umgestaltung unseres KiTa-Außengeländes zu einem naturnahen Bildungsraum nach dem Konzept "NaturLeben"

Ansprechpartner:

Frau Brinkkötter

Institution:

DRK-KiTa "Im Paterkamp"

  • Freigrafenweg 5
    59348 Lüdinghausen

Beschreibung und Ziele:

Wir sind eine Kindertageseinrichtung in der Trägerschaft des DRK-Ortsvereins Lüdinghausen und Seppenrade e.V. und befinden uns im Freigrafenweg 5 in 59348 Lüdinghausen. Durch den Umzug in das Baugebiet Paterkamp vergrößerte sich unsere Kindertageseinrichtung im Februar 2011 von zwei auf drei Gruppen mit insgesamt 55 Plätzen für Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren. Die Vorgängereinrichtung verfügte über ein langjährig gewachsenes, durch alten Baumbestand beschattetes natürliches Außengelände mit großem Aufforderungscharakter für die Kinder, sich im Freien verschiedene Spielräume zu Eigen zu machen. Diese über 20 Jahre gewohnten Strukturen fehlten gänzlich am neuen Standort aufgrund der Neubausituation Investorenmodell. Hier wurde die Abgrenzung des Außengeländes zur Sicherheit der Kinder durch einen Stabgitterzaun gesetzt. Die Erstbepflanzung von Hainbuchenhecken, vier jungen Bäumen z.B. Kastanie, Ahorn sowie zwei Haselnusssträuchern wurden zum Start der Einrichtung im Hinblick auf eine erste Begrünung gesetzt. Als Spielmöglichkeiten stehen den 2-6jährigen Kindern eine Nestschaukel, ein Klettergerät mit Turm, Rutsche, Wackelbrücke und kleinem Rollenspielbereich sowie ein großer Sandbereich mit angrenzender Matschanlage zur Verfügung. Außerdem nutzen die Kinder gerne die verschiedenen Fahrzeuge Bobby-cars, Roller, Trecker etc., wofür ihnen aber nur geringer Fahrraum zur Verfügung steht.Ein ausgebauter Bauwagen wird ebenfalls auf dem knapp 700qm großen Gelände für unterschiedliche Werkstattideen z.B. Holzwerkstatt, Schuhwerkstatt von den vier- bis sechsjährigen Kindern mit ihren ErzieherInnen genutzt.In der Nähe eines kleinen Hügels stehen zwei massive Holzpferde, die zum Rollenspiel einladen. Auf der begrenzten Rasenfläche spielen einige Jungen gerne Fußball sehr zum Leidwesen einiger jüngerer Kinder und der angrenzenden Straße. Als Fallschutz befindet sich Sand unter den Spielgeräten, der von den Kindern zum Spielen gern "weggearbeitet" wird und durch das Verteilen auf der Rasenfläche die Rasenkante verdrängt. Den U3-Kindern steht ein eigener kleiner Sandbereich mit einem Wipptier und großzügiger Fallschutzfläche zur Verfügung. Eine mobile Kunststoffrutsche, versch. Röhren und Sandspielzeug ergänzt das flexible Angebot für die kleinen Kinder im Alter von eins bis zweieinhalb Jahren. Dieser Bereich ist ebenso mit einem Stabgitterzaun begrenzt und erweckt manchmal den Eindruck einer "Käfigsituation". In den vergangenen drei Jahren entwickelte sich auf unserem Spielgelände zunehmend der Eindruck, wie sehr den Kindern draußen kleine Rückzugsorte zum Spielen und Verweilen fehlten.Die beiden inzwischen gut gewachsenen Haselnussbüsche verstärkten diese Annahme, da sich dort immer wieder Kinder in ihrem Spiel zurückzogen.Auch der umgebende Zaun verstärkte zwar den Sicherheitsgedanken bei allen Beteiligten, aber wirklich geschützt waren die Kinder nicht von außen durch die "dauertransparente" Beobachtungsmöglichkeit der vorbei fahrenden Autofahrer oder fußläufiger Anwohner des Wohngebietes. Der fehlende Sichtschutz machte den Eindruck einer "Plattform", auf der man jede Bewegung der Kinder wie auch der ErzieherInnen mit verfolgen konnte. Ebenso machte sich recht schnell der fehlende Schattenschutz durch die noch jungen Bäume bemerkbar. Bei Gesprächen mit den Vertretern des Trägers, Elternvertretern und den ErzieherInnen war die Lösung der Gesamtproblematik der Ansatz, um eine dauerhafte Veränderung dieser unbefriedigenden Spielplatzsituation herbeizuführen. So suchte der Vorstand des DRK-Ortsvereins Lüdinghausen u. Seppenrade e.V. die Zusammenarbeit mit der Natur-und Landschaftsplanerin Frau Jenny Humrich aus Bocholt, die nach dem Konzept "Naturleben" u.a. nachhaltige Projekte in Kindergärten und Schulen durchführt. Sie wurde beauftragt, nach bestehender Prioritätenliste von seiten der KiTa eine Planung zu erstellen über: Sicht-und Sonnenschutz / Bobby-Car-Fahrstrecke / zusätzliche Begrünung für Rückzugsorte / Kinderbeet / Sitzmöglichkeiten für Kinder und Erwachsene / Ein-und Ausgangsgestaltung. Die Eltern wurden an einem Elternabend über das nachhaltige Konzept "Naturleben" und die daraus für unsere KiTa entwickelte Planung informiert. Ziel war es ebenso, die aus dem Gesamtkonzept heraus notwendige Mitarbeit von Eltern, Erzieherinnen und sonstigen "Mitmachern" so transparent vorzustellen, dass jeweils 30 Arbeitskräfte für zwei Aktionssamstage daraus gebündelt werden konnten. Vorweg sollte ein Gartenbau-Unternehmer in der Ferienzeit der KiTa das Gelände entsprechend aufnehmen und vorbereiten. Inzwischen ist die Durchführung dieses Umgestaltungsprojektes an zwei Samstagen im August erfolgreich gelungen.Das Wetter und die Gießdienste arbeiteten so eng zusammen, dass alle Pflanzungen und der Rollrasen gut anwachsen konnten. Auch offiziell ist das neu gestaltete Gesamtgelände inzwischen abgenommen worden. Die offizielle Einweihung erfolgte bei strahlendem Sonnenschein am 23.September. mit den Familien und vielen offiziellen Gästen, die uns freudig und angenehm überrascht zur Neugestaltung des Geländes gratulierten. Seit einiger Zeit sind ja auch die Kinder wieder auf ihrem Außengelände. Sie haben über die Bauphase hinweg meistens ganz gespannt verfolgt, was wir Erzieherinnen auf dem Gelände noch so alles zu tun hatten. Ihr Interesse daran war riesengroß! Vor allen Dingen die Frage:"Wann können wir wieder auf unseren Spielplatz?" Als es dann endlich losging, haben sie sich in Kleingruppen mit ihren Erzieherinnen auf den Weg gemacht, um sich das neue Spielgelände mit den vielen Pflanzen, dem neuen Rasenhügel, den unterschiedlichen Findlingen, die jetzt an vielen Stellen liegen und den neu gestalteten Bauwagen in Ruhe anzuschauen.Außerdem ist es spannend, dass jetzt unter dem Klettergerät feiner Kies liegt und auch bei der Nestschaukel ein Untergrund aus Mulch statt Sand ist.Sie haben ebenso erfahren, dass der frisch eingesäte Rasen noch nicht betreten werden darf und einige Pflanzen auch noch mit Umsicht zu behandeln sind. Wie werden wir in Zukunft mit diesem neu gestalteten, zusätzlichen naturnahen Bildungsraum weiter umgehen? Diese Frage beschäftigt uns Erzieherinnen zurzeit sehr. Wir haben eine Ahnung von dem bekommen, wie sich die Kinder seit einigen Tagen das Gelände neu erobern und wir sie in kleinen Gruppen statt der bislang gewohnten "Menge auf einem Haufen" spielen sehen.Wir sehen auch, dass die Kinder, die schon länger bei uns in der KiTa sind, sich teilweise viel engagierter draußen bewegen. Aber wir stellen uns noch weitere Fragen:"Haben wir genügend Pflegewissen, um gemeinsam mit den Kindern diesem neuen Gelände mit all seiner Aufforderung gerecht zu werden? Und welches Material fordert noch mehr kindliche Selbstbildungsprozesse heraus? Werden wir es von unserer Personalstruktur her schaffen können, täglich ein personelles Angebot im Außenraum bereit stellen zu können? Denn bei der Gesamtausrichtung ist uns auch immer deutlicher geworden: alle Selbstbildungsprozesse der Kinder erleben sie ja gerade am deutlichsten draußen durch den Wechsel der Jahreszeiten! Und noch etwas ist uns wichtig. Wir können die Pflege dieses Geländes nicht allein mit dem Hausmeister übernehmen! Auch in unserer Zusammenarbeit mit den Eltern werden wir zum Frühjahr und Herbst entsprechende Arbeiten auf dem Außengelände konzeptionell verankern, um die Nachhaltigkeit dieses Gemeinschaftsprojektes zu sichern. Zu bestimmten Zeiten im Jahr am Wochenende oder in der Ferienzeit im Sommer werden wir nicht auf ihre Unterstützung verzichten können. Um all unsere Fragen näher zu klären und Sicherheit zu gewinnen gegenüber Kindern und Eltern wünschen wir uns als Team ein Fortbildungsmodul mit Frau J.Humrich unter dem Schwerpunkt: Bestandsaufnahme / Pflegewissen / Naturpädagogik.

°nachhaltige Umgestaltung des Außengeländes °naturnaher Sichtschutz / langfristiger Sonnenschutz °erstellen einer Bobbycar-Fahrstrecke u.für andere Fahrzeuge °zusätzliche Begrünung für Rückzugsorte der Kinder °erstellen eines Kinderbeetes / Bau einer Trockenmauer °einladende Gestaltung des Ein-u. Ausgangs °die Natur als zusätzlicher Bildungsraum

Wie wurden die Kinder in das Projekt eingebunden?

°Kennenlernen von Pflanzen / wertschätzender Umgang damit °Erfahrungswissen von Kindern nutzen bei der Pflanzenpflege °versch. Aufgaben wie Gemüse, Kräuter im Kinderbeet säen,gießen, Unkraut zupfen, Kleinstlebewesen entdecken °Partizipation: Was wünschen wir uns draußen an zusätzlichem Naturmaterial /Alltagsmaterial?Wie oft u. wie lange möchte ich draußen spielen? Notwendige Regeln etc.

Rückblick:

Die Veränderung unseres KiTa-Außengeländes nach dem Konzept "NaturLeben"
Nach einem recht milden Winter, in dem die Kinder oft nach draußen gehen konnten, begann die weitere Arbeit auf dem Außengelände unserer DRK-KiTa "Im Paterkamp" in Lüdinghausen recht schnell durch den fachlichen Blick von Jenny Humrich, der Landschaftsarchitektin und Naturpädagogin von NaturLeben.
Dabei machte sie mich aufmerksam auf den Bambus, dessen Blätter sich nach innen rollten ein Zeichen für mangelnde Feuchtigkeit. Sehr gezielt ging sie so weiter mit mir über das neu gebaute Gelände und es wurde deutlich, dass unser Erzieherteam als erstes das Wissen um die Beschaffenheit aller vorhandenen Pflanzen und deren individuelle Pflege kennenlernen und umsetzen sollte.
Für die noch junge Bepflanzung hat das tägliche Wässern mit den Kindern die oberste Priorität im Frühjahr. Und da das Element "Wasser" bei den Kindern oberste Priorität genießt, dauert es nicht lange, und einige von ihnen sind engagiert und geduldig mit uns dabei, jeder Pflanze ausreichend Wasser zukommen zu lassen. Sie können dabei auf verschiedene Möglichkeiten zurückgreifen: entweder tun sie das mit einem der Schläuche oder mit einem kleinen Sandeimer oder einer Gießkanne. Bei vielen Kindern wird zusehends deutlich, mit wieviel Motivation und Ausdauer sie bei der Sache sind und auch bleiben.
Bei zunehmend wärmerem Wetter legen die Erzieherinnen schon kurz nach Öffnung der Kita die Wasserschläuche in den Bambus oder stellen den Rasensprenger auf dem Hügel an. Dann passiert es häufig im Laufe des Vormittags, dass sich als "schöner Nebeneffekt" verschieden große Pfützen auf unserem Gelände bilden. Diese ganz neue Erfahrung nutzen viele Kinder zu unterschiedlichen Spielideen.
Sie holen die großen Schüppen zum Wassertransport heran sie binden Fahrzeuge in ihr Spiel mit ein, die das Wasser dann in Sandeimern zur weiteren "Verarbeitungsstelle" auf dem Gelände transportieren sie treten dabei u.a. in ganz viel Kommunikation mit anderen Kindern, um neue Baupläne mit Wasser, Sand und Kies umzusetzen. Dabei können wir auch beobachten, dass gerade Kinder, die schon langjährig in unserer KiTa sind, die Veränderung des Außenspielraums insgesamt als neue Herausforderung genießen, in dem sie am liebsten den ganzen Vormittag draußen sind, um in der "Freispielecke" mit Steinen, Sand und Wasser -schlauch Ideen umzusetzen. Gleichzeitig hat sich durch das intensivere Spielen mit Wasser und Sand das äußere Erscheinungsbild der engagierten Kinder deutlich verändert. Sie benötigen mehr Wechselwäsche als bisher und haben die Spritzer von Sand und Erde sogar im Haar.
Das wachsende Grün in verschiedenen Farbabstufungen je nach Wetterlage "entschleunigt" manchmal sogar einen Teil der Kinder . Dann kümmern sie sich um die frisch gepflanzten Gemüsesorten Gurke, Paprika, Tomaten und Kräuter. Sie gießen und beobachten, was sich an den Pflanzen verändert. Damit sie das Gemüse überhaupt wieder erkennen, haben sie z.B. Schilder zu der Aussaat von Möhren gemalt.
Eine Erzieherin nutzte das" individuelle Angebot" im Rahmen des EEC Early Excellence Konzept mit einem angehenden Schulkind zur neuen Bepflanzung eines vorhandenen Blumenbeetes. Das Kind zeigte z.B. eine individuelle Kompetenz in der Raumaufteilung des Beetes und ordnete eigenverantwortlich und erklärend die Blumen an ganz bestimmte Stellen. Weitere Kinder konnten daran teilhaben.
Auch Kleinstlebewesen geraten durch die naturnahe Gestaltung des Geländes mehr in den Fokus einzelner Kinder. So können sie vermehrt Schnecken beobachten und auch Schmetterlinge, die zusehends mehr durch die gepflanzten Sommerflieder werden.
Das zunehmende Interesse der Kinder und ihre große Motivation, etwas draußen zu tun, hat auch einzelne Erzieher weiter motiviert, bestimmte Rituale mit den Kindern von innen nach außen zu verlegen. So finden Spiel-, Sing- oder Gesprächskreise mit Kleingruppen / Gesamtgruppe z.B. auf dem Hügel statt, weil dort die Atmosphäre unter dem Segel besonders ist und das Gemeinschaftsgefühl bestärkt.
Der gestaltete Hügel gibt Anlass für weitere Spielmöglichkeiten. "Von oben" sowie "von unten" erleben die Kinder ihr Tun aus unterschiedlichen Perspektiven. Ältere Kinder lieben Fangspiele quer über den Hügel und halten sich manchmal an den Zweigen der Pflanzen fest, um ihre Geschwindigkeit anzuhalten. Auch diese Erfahrungen sind insgesamt wichtig, um die eigenen Kräfte besser kennen zu lernen und gleichzeitig zu erfahren, welche Achtsamkeit man in naturnahen Spielräumen braucht.
Der nachhaltige Gewinn durch die Umgestaltung des Außenraumes als zusätzlicher Bildungsraum für alle Kinder zeigte dem Erzieherteam relativ schnell, dass wir trotz allem Regeln und Grenzen mit den Kindern aufstellen müssen. Das individuelle Experimentieren mit den Materialien Kies und Mulch, Stöcken, Steine etc. zeigte schnell unterschiedliche Toleranzgrenzen bei den Erziehern auf. Auch der tägliche Umgang mit dem Wasser warf Fragen auf. Daraufhin stellten wir gemeinsam Regeln auf, die verbindlich für alle gelten. Gleichzeitig sehen wir auch, dass wir sie in regelmäßigen Abständen mit den Kindern / dem Team überprüfen müssen.
Ende August ist es ein Jahr her, dass in gemeinschaftlicher Zusammenarbeit unter der Leitung von Jenny Humrich dieses naturnahe Außengelände mit vielen Ehrenamtlichen entstanden ist. Inzwischen fühlen wir uns alle viel wohler zwischen all dem Grün, den neu entstandenen Spiel- und Rückzugsorten sowie der zusätzlichen Beschattung durch die farbigen Segel.
Wir bedanken uns bei der Gelsenwasser AG für die finanzielle Unterstützung durch das Programm "vonkleinaufbildung.de", das uns auf unserem Weg zur Umgestaltung unseres Außengeländes in einen naturnahen Bildungsraum einen weiteren Baustein ermöglicht hat.