Gesamtschule Ückendorf
Die Gesamtschule Ückendorf hat ihren Standort in der Ruhrgebietsstadt Gelsenkirchen, die durch eine hohe Zuwanderung gekennzeichnet ist. Der Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund beträgt ca. 90%, von dem wiederum etwa 70% türkischstämmig ist. Diese SchülerInnen in zweiter und dritter Generation sind zum Teil noch mit der Türkei verwurzelt, haben aber andererseits die für sie nicht immer leichte Aufgabe zu bewältigen, sich in die bundesrepublikanische Gesellschaft zu integrieren. Augenfällig ist in diesem Zusammenhang ein erschwerter Übergang in das Berufsleben. Holz, Kohle und Stahl, die drei "Elemente" des Ruhrgebiets. In diesem Kunstprojekt soll es darum gehen eben diese Werkstoffe mit den Menschen des Ruhrgebiets, insbesondere mit Zuwanderungsgeschichte, auf künstlerische Weise in Beziehung zu setzen. Einerseits sollen die Schüler der Klasse 7/2 der Gesamtschule Ückendorf den Wert der oben genannten Werkstoffe als Gestaltungsmittel kennen lernen. Die Schüler lernen werkstoffbezogene Be- und Verarbeitungstechniken kennen. Sägen, bohren, feilen, biegen, schleifen...sind hier die Methoden der Wahl. Es sollen sowohl zweidimensionale flächige Materialcollagen, als auch dreidimensionale plastische Objekte entstehen. Darüber hinaus sollen alte Fotos aus der Zeit des Kohlebergbaus und der Eisenverhüttung in die Gestaltung mit einfließen. Im besten Fall stammen diese Fotos, bzw. Kopien davon, aus dem Familienbesitz der teilnehmenden Schüler, die in der großen Mehrzahl einen Migrationshintergrund aufweisen. Angenommen wird, dass wenn auch nicht ein Elternteil, dann zumindest die Generation der Großeltern, einen Bezug zu ruhrgebietstypischen Berufen hat. Dieser soll von den Schülern innerfamiliär bewusst erfragt werden um daraus künstlerische Impulse zu generieren. Weiterhin sollen Begriffe wie, "Verlassen der Heimat", "Ankunft in einem neuen Land", "Integration in einen anderen Kulturkreis" und andere migrationsspezifische Begriffe, angesprochen werden und daraus künstlerische Gestaltungen entwickelt werden, bspw. wie kann man "Heimweh" ausdrücken. Zur weiteren inhaltlichen Vertiefung ist ein Besuch des Bergbaumuseums Bochum geplant. Darüber hinaus werden im Chemieunterricht die Werkstoffe von ihrer naturwissenschaftlichen Seite den Schülern näher gebracht. Das Thema wird ebenfalls im Fach Gesellschaftslehre behandelt. Im Fach Deutsch sollen sowohl Kurzgeschichten, als auch Prosa zum Thema Ruhrgbiet und Verweise auf die Entstehungsgeschichte des ruhrgebietstypischen "Soziolekts" behandelt werden. Entsprechende Kooperationsgespräche fanden bereits statt. Das Projekt findet seinen Abschluss durch eine Ausstellung der Kunstobjekte in den Räumen der Schule.
Die SchülerInnen führen zu Hause Gespräche mit der Einwanderungsgeneration. Sie recherchieren in ihrer Herkunftsfamilie, wer im Bergbau oder in der Stahlverarbeitenden Industrie tätig war und fragen bzw. suchen nach Bildmaterial aus dieser Zeit. Im Anschluss findet eine Internetrecherche statt. Durch die freie künstlerische Gestaltungsfreiheit sind die SchülerInnen zu einer Reflexion aufgefordert. Sie erstellen für alle SchülerInnen eine Ausstellung und aktivieren dadurch bei ihnen das Bewusstsein für den historisch-gesellschaftlichen Hintergrund der Lebenssituation von Migranten.
Die SchülerInnen führen zu Hause Gespräche mit der Einwanderungsgeneration. Sie recherchieren in ihrer Herkunftsfamilie, wer im Bergbau oder in der Stahlverarbeitenden Industrie tätig war und fragen bzw. suchen nach Bildmaterial aus dieser Zeit. Im Anschluss findet eine Internetrecherche statt. Durch die freie künstlerische Gestaltungsfreiheit sind die SchülerInnen zu einer Reflexion aufgefordert. Sie erstellen für alle SchülerInnen eine Ausstellung und aktivieren dadurch bei ihnen das Bewusstsein für den historisch-gesellschaftlichen Hintergrund der Lebenssituation von Migranten.
Menschen zwischen Holz, Kohle und Stahl
An dem Projekt nahmen 27 Schüler einer siebenten Klasse der Gesamtschule Ückendorf über die Dauer von 16 Projekteinheiten a 2 Std. teil. Von den 27 Schülern verfügen 25 über einen Migrationshintergrund.
Einerseits haben die Schüler plastische, dreidimensionale Kunstobjekte geschaffen. Dabei lernten sie die oben genannten Materialien und deren Wert als Gestaltungsmittel kennen. Hinzu kam die Verdeutlichung des Unterschiedes zwischen zweidimensionalen künstlerischen Arbeiten Bildern und plastischen Arbeiten, die von allen Seiten, also dreidimensional, spannungsreich und kreativ gestaltet werden müssen.
Die Materialien wurden darüber hinaus in Bezug zur Region Ruhrgebiet gesetzt. Hierbei wurde den Schülern verdeutlicht, dass gerade der Bergbau und die Eisenverhüttung die Grundlage für die Industrielle Entwicklung der Region gebildet haben. Eben diese Entwicklung hat ja bekanntermaßen dazu geführt, dass zahlreiche Arbeitskräfte benötigt wurden und Migration ermöglicht bzw. erwünscht und notwendig war.
Andererseits wurde also der "Heimat-Begriff" geklärt. Durch die Erstellung eines Stammbaumes und im gemeinsamen Gespräch darüber sollte den Schülern verdeutlicht werden, wo ihre Wurzeln liegen. Zwei der Großväter der Schüler haben "unter Tage" gearbeitet. Viele Schüler haben zum ersten Mal von ihren Klassenkameraden erfahren, wie und aus welchem Grund deren Familien ins Ruhrgebiet gekommen sind. Als Heimat benennt der überwiegende Teil der Schüler das Herkunftsland der Familien. Demgegenüber geben sie aber auch an, dass die Lebensbedingungen in Deutschland besser und die freie Entfaltung der Persönlichkeit eher gegeben sei, als in dem Herkunftsland der Familien. Viele wünschen sich eine Rückkehr in diese Herkunftsländer, die sie durch Familienurlaube kennen gelernt haben, allerdings unter der Voraussetzung, das sich die Lebensbedingungen dort zukünftig verbessern.
Alles in allem war das ein sehr gelungenes Projekt, das künstlerische und politische Bildung miteinander effektiv verbunden hat. Wir danken Gelsenwasser für die freundliche finanzielle Unterstützung.